AUFGERAEUMT WIRD SPAETER


– Blieskastels Kulturbeitraege in der Saison 2010/2011 – Ein kritischer Rueckblick  von Philipp Sutaio –

was soll ich da sagen, anfangs, im september, war ich noch feuer & flamme fuer fast alle so genannten events, & heute …… ?
eher gehen zehntausend kuehe auf die weide als die blieskasteler zu einem konzert, dessen interpreten sie weder kennen noch von der musik was gehoert haben – nun ja, die kuehe verfolgen einen zweck, er ist lebenswichtig fuer sie – aber fuer die blieskasteler …. ? vielleicht, in ein paar jahren, wird es so etwas wie einen boulevard in blieskastel geben – ich kann mir schon gut ausmalen, wie er dann genutzt werden wird. wenn der papst nicht nach blieskastel zu besuch kommt, wird dort wahrscheinlich nicht viel los sein waehrend eines jahres. & so aehnlich verhaelt es sich mit dem blieskasteler kulturangebot. doch wenn´s kommerziell wird, wie zum beispiel am altstadtfest, dann tanzt die sau im dorf. das bier fliesst in stroemen, dort, wo die malle-mucke laeuft, live oder vom band respektive cd, da gehts zu wie in sodom & gomorrha – der vergleich ist durchaus berechtigt. die rockbands oder jazzartige musik wird an die raender verbannt, ja, richtiggehend verbannt, in irgendwelche hinter- & nebengaesschen, aber da spielt sich gottseidank die bessere musik ab.
& wenn eine saarlaendische band wie marx, rootschild, tillermann & ambi in der bliesgaufesthalle spielen, so geschehen am 1. april diesen jahres, da muessen die vier jungs doch tatsaechlich erleben, dass sie vor verschlossenen tueren stehen um 19.00 uhr – um 20.00 uhr begann das konzert. sie muessen erst mal ein paar telefonate fuehren, um ueberhaupt eingelassen zu werden. blieskastel live im jahre 2011.
& was mich ganz persoenlich stoerte an diesen chansonabenden war diese gekuenstelte, auf franzoesisch getrimmte atmosphaere im schloesschenkeller, was, bitte, haben runde stehtische & – billigster – rotwein mit franzoesischem flair zu tun? sollen diese die franzoesischen abzockermethoden in den mediterranen urlaubsorten versinnbildlichen? mir haette schon genuegt, dass ein musiker aus frankreich auf die buehne kommt & seine musik spielt, ohne brimborium, ohne weissbrotbaguette, camembert oder brie & der obligatorischen flasche wein – das ist ungefaehr so kitschig wie „irma la douce“ oder ringelpullover & schifferklavier am montmartre.
vielleicht bin ich zu alt fuer diese spaesschen, oder ich habe den geheimen witz nicht verstanden. aber punkrock- oder jazzkonzerte werden selten in blieskastel angeboten, da muss ich notgedrungen zu diesen events hingehen. ein altstadtfest kann mir seit fast dreissig jahren gestohlen bleiben.
was ich in blieskastel gerne erleben moechte: rockkonzerte, jazz, zigeunerjazz, tangomusik, countrybands,  weltmusik, kunterbunt & laut, schrill & still, vetraeumt & lebendig, zum tanzen & zum lieben, mit & ohne drogen, so dass die leutchen von ueberall her stroemen & von blieskastel als einer wahren offenbarung an musik- & anderen veranstaltungen reden werden. es muessen keine weltstars sein, es gibt genug bands in deutschland & den benachbarten laendern, die gute musik machen, & an platz mangelt es auch nicht.
dann koennen die eingefleischten blieskasteler buerger ruhig zuhause bleiben & an ihrem weltbild weiterstricken. an haekeldeckchen herrscht weltweit grosser mangel.

 

WOLF IN THE CITY # 20 – ES IST SOWEIT


EIGENTLICH sind es glueckstage: meine verwandtschaftlichen feinde sterben weg. eigentlich. sie fanden fuer sich ihre letzte ruhe & ihren frieden mit der welt, ich werde ihn nicht finden, im gegenteil. so oft ich das grab meiner eltern aufsuchen werde, die uebrigens ganz & gar nichts woelfisches an sich hatten, werden die anderen schon da sein, mit ihren knoechrigen fingern auf mich zeigen & mich anklagen, so, wie sie es zu lebzeiten auch taten.
so schoen koennen friedhoefe sein. eigentlich sind jene orte der letzten instanz des menschlichen daseins fremd fuer mich & andere woelfe in den staedten, ja, gerade fuer einen solchen in der stadt, muss ich betonen, wir haben dort im grunde genommen nichts zu suchen, wo die menschliche sucherei & neugier aufhoert zu existieren.
aber wir woelfe halten uns an keine vertraege, wir sind an nichts & niemanden gebunden, es braucht keine zuchtmethode, um unsere art erhalten zu koennen, wir genuegen uns selbst.
aber – wer waren diese toten im leben? einst ueberschritten sie eine grenze: sie demuetigten mich & andere lebewesen, dabei zeigten sie fuer einen winzigen moment ihr einziges, wahres gesicht, genau diesen wesentlichen moment vermoegen wir woelfe wahrzunehmen & aufzugreifen. die maske ist dann gefallen fuer immer, & es kommt die wahre, haessliche fratze des menschen darunter hervor. heisst es nicht haeufig: „Der mensch ist des menschen wolf.“?
dann ist es soweit, die grenze ist ueberschritten, die trennlinie zwischen wahrhaftigkeit & verlogenheit, zwischen wein & wasser – die goetter der menschen moegen ihnen allen verzeihen. meine goetter werden nur eines tun: lachen.
sie lachen auch mich aus, & das ist eigentlich ganz gut. sollen sie lachen. es gibt kein verzeihen, & ich erwarte auch keines, weder von den goettern noch von den menschen. es gibt aber ein vergessen nach dem tode. & dieses vergessen ist fuer die lebenden gedacht.
wir woelfe wissen nicht, wo unsere knochen dereinst vermodern werden, & es ist im grunde genommen auch egal, die menschen sorgen sich darum, sie aengstigen sich, was nach ihrem tod mit ihnen geschieht. sollen sie ruhig, die feindseligkeit soll ihre geringste sorge sein.

DER WIND BRINGT HOFFNUNG


EIGENTLICH IST DIES ein post ueber meine vorstellungen einer revolution in deutschland oder anderswo – ich wollte an die menschlichkeit appellieren, weil ich vorher, während dieses grausamen prozesses, mir vorstelle, dass es sehr unmenschlich zugehen muss, um die revolutionaeren ziele zu erreichen. „toeten, um nie mehr toeten zu muessen!“
ich werde meine utopisch-imaginaeren gedanken nicht veroeffentlichen, weil ich vor diesem staat grosse angst habe.
gerate ja schon ins zittern, wenn ich polizisten im auto vorueberfahren sehe, geschweige denn, irgendwelchen in der stadt zu begegnen. da verhalte ich mich nicht anders als andere deutsche: ich drehe ihnen meinen ruecken zu, dezent natuerlich, so dass es nicht weiter auffaellt. oder: ich erkenne das stadtoberhaupt an, den bundespraesidenten, den/die bundeskanzler/in – ich verehre viele politiker, richter, prominente, schauspieler, geschaeftsleute, manager, personalchefs, vorgesetzte, kollegen – beuge mein haupt vor den geistlichen wuerdentraegern dieser stadt, kuesse ihnen die fuesse & bete sie an.

…….. & warte ab.

so oder so aehnlich koennte ein schlaefer in der gesellschaft herumgeistern, unauffaellig, genuegsam, geduldig. abwarten, den richtigen zeitpunkt waehlen, nicht vorpreschen, um dann umso heftiger zuzuschlagen. o, welche traeume werden da frei in einem hirn, das von einer besseren welt traeumt, vielleicht sogar ganz ohne menschen ….?! aber letzteres wird schon so kommen, auch ohne revolutionen.

OESTERLICHER LIEBLINGSORT


Lieblingsorte, wir spaeten Juenglinge & Maedchen haben sie uns schon vor laengerer Zeit ausgesucht, heute morgen, es ist Karfreitag, 22. April 2011, wollen wir nach Homburg-Beeden, zu den Stoerchen, wie es meine Freundin ausdrueckt. Das Ziel ist klar.

& der Himmel ist es ebenfalls, viel zu warm ist es am spaeten Vormittag, wir sind beide empfindlich gegen die zu fruehe Waerme im April, aber die Voegel, die wir in Beeden hoeren & sehen, lassen uns das fuer kurze Zeit vergessen. Minutenlang lauschen wir zwei Nachtigallen im Gebuesch, wir koennen sie nicht sehen, aber dafuer um so besser hoeren – Ich bin immer wieder tief beeindruckt von dem Melodienreichtum dieses herrlichen kleinen Vogels, er singt uns den wahren, echten, unverfaelschten Fruehling herbei.

& am Biotop, auf der anderen Seite, sind sie alle versammelt an diesem Spaetmorgen, die Konik-Pferdchen, die Heckrinder, die Wasserbueffel, die Highlander-Rinder, habe ich was vergessen, ach ja, das Storchenpaar, das den Horst auf dem hohen Mast endlich angenommen hat & fleissig seine Jungen aufzieht, die Gaense sind irgendwo in ihrem morgendlichen Versteck zugange, ein paar Stockenten flattern & quaken auf dem Wasser. Es ist ein wundervolles Fleckchen Erde hier, & ich bin dankbar, dass ich es immer wieder aufsuchen kann, besonders um diese Zeit, im April, Anfang Mai.

HEY, MR. DYLAN!


>gedanken zu bob dylans bevorstehendem 70. geburtstag<

hey, mr. dylan, big man, play a song for me – welcher koennte es denn da sein, eine verflucht schwierige frage. fuer mich als dylan-fan seit 1968 wirklich nicht einfach, da muesste es schon mehr als einer sein, naemlich die dylansongs aus der Basement Tapes-zeit von 1967 – dylan & seine band, die band! vielleicht ist es einzig & allein „This Wheel´s On Fire“, ich glaube, er hat es nie live gespielt – ein geheimnisvoller song. auch die band hat ihn aufgenommen, auf ihrer ersten lp von 1968.
in diesem monat wird bob dylan 70 jahre alt. & er nervt herzerweichend mit seiner stimme meine selbsternannten musikkollegenfreunde noch immer, die der felsenfesten meinung sind, dylan koenne nicht singen. & wer nicht singen kann ist kein kuenstler. ich mag seine stimmer immer noch, habe sie immer gemocht, vor allem die schneidende, jugendlich-arrogante der jahre 1965-1967. ich mag sie, heute & alle tage. & er ist fuer mich der grossartigste songwriter & dichter des 20. jahrhunderts, der in den letzten 10 bis 20 jahren musikalisch immer besser wurde. seit „Time Out Of Mind“ wird seine Musik stetig besser, interessant war sie allemal.

Rick Danko & Bob Dylan 1966, Autoren des Songs „This Wheel´s On Fire“
BD & The Band, Tour 1974

aber, wie leicht zu bemerken ist, ich bin ein grosser fan von ihm, seiner musik & vor allem von seinen texten fasziniert, da kann ich doch nur des lobes voll sein. dylan´s fruehe werke, allen voran Blonde On Blonde, John Wesley Harding & Nashville Skyline gehoeren allesamt zum soundtrack meines lebens & haben bewirkt, dass ich mich zu dieser zeit bis heute musikalisch & schriftstellerisch betaetige, halten zu gnaden, nur zu gerne wuesste ich, was er fuer ein mensch ist. hoffentlich ein besserer als ich.