WOLF IN THE CITY # 24: Der Stadtwolf bekommt Streicheleinheiten


jetzt haben mich heute morgen doch die weihnachtlichen blues erwischt, ein sentimentales gedicht & ein ebensolcher artikel im gemeindeblaettchen sind schuld daran, dass ich schier auslaufe anhand meiner gefuehle.

ach, & all die seligpreisungen der verkaeufer & verkaeuferinnen in den blieskasteler geschaeften, ihre stereotypen weihnachtswuensche, ihre glaenzenden, geruehrten augen, die allesamt die goldene kinderzeit herbeizitieren – ich muss meinen schwanz einziehen, damit niemand traenenselig drauftritt. mein wolfsschweif ist sehr empfindlich, fast so empfindlich wie meine nase, nur nicht so kalt.

aber ich muss meine leser leider enttaeuschen, ich wuensche naemlich niemandem so eine weihnachten, wie sie mir bevorsteht – ich wuensche euch naemlich eine froehliche, gemuetliche, ruerhrselige, knabenbringende weihnachtszeit, mit allen schikanen. ich fuer meinen teil kann mir keine schikanen leisten, dennoch wird es zu einer flasche rotwein & einem – hoffentlich – blutigen stueck fleisch reichen, mehr will ich nicht.

also: merry christmas, bonne noel, froehliche weihnacht an alle interessierte meiner site, meiner person & meinen verrueckten pseudonymen. & dank an alle leute, die mir gutes wollen & – vielleicht – ein wenig an mich denken ueber die tage bis zu silvester. keine bange, ich breche nicht in traenen aus.
auch ich werde an viele personen, die mir lieb sind, denken wollen.

ich wuensche euch frieden.

BLIESKASTELS SATTE KULTURSZENE oder: Was von der Saison 2011/2012 kulturell alles erwartet wird


Kurz davor, ein verkrueppelter dorftrottel zu werden, der sich in sachen kulturbanause profilieren will, freut es mich dennoch, das frisch gedruckte kulturprogrammheft der stadt blieskastel in meinen haenden zu halten. Nur schade, dass die richtigen leutchen, auf die ich es eigentlich abgesehen habe, dies nicht lesen – aber was nicht ist, kann ja noch werden. Alle uebrigen leser bitte ich meine verbalen, zerebralen & antiliberalen ausbrueche zu entschuldigen. sie wollen halt jedem was bieten in der blieskasteler kulturszene, die guten leutchen der verantwortungsvollen bliesgaustadt, es ist ihnen auch gelungen, das kann ich felsenfest behaupten. Nur werden sie wieder sehr wenige mit ihrem programm hinterm ofen hervorlocken, gelinde ausgedrueckt, boese zungen koennen ruhigen gewissens behaupten, dass ich mir persoenlich immer nur das wuensche, was nicht im programm steht – kann sein, dass sie recht haben, die guten. Beschraenke ich mich deshalb auf das, was angeboten wird.

Ich werde mich an dieser stelle, verstaendliche gruende vorausgesetzt, nur an das halten, was interessant fuer meine person ist, & das ist sehr wenig in dieser saison. Ich fange gleich mittendrin an (bildlich gesprochen, siehe programmheft seite 18!). Im oktober 2011 startet das „CAVEAU CHANSON“ in die zweite runde, wie es so schoen heisst. Die bistro-atmosphaere bleibt den gaesten auch in diesem jahr erhalten, ´ne sinnige idee, finde ich, mein flute, meinen ziegenkaese & meine baskenmuetze werde ich selbstverstaendlich wieder mitbringen. Ach ja, nebenbei gibt es auch noch Livemusik, am Donnerstag, 27. Oktober, 20 Uhr, das Duo Jean-Claude Seferian & Christiane Rieger-Seferian mit ihrem Programm „Creme de la creme“, Eintrittspreis 11,00 EURO – was fuer mich interessant sein wird, sind die stuecke von Brel, der Piaf, von Boris Vian & George Brassens. Leute, ich muesste dafuer besser franzoesisch verstehen, aber ich kenne viele sachen dieser kuenstler, vor allem von Boris Vian, dessen unverbesserlicher fan ich heute noch bin. Bin mal gespannt, ob sie die gewagteren stuecke von ihm vortragen werden. Verstehen eh´ nur die wenigsten, mich eingeschlossen. Macht aber nix, Vian ist/war ein echter gigant!

Danach ist schon Januar 2012 im Caveau chanson des schloesschenkellers. Am Donnerstag, 26. Januar, 20 Uhr, gastiert Jeanette Curta, mit selbstgeschriebenen liedern. Was mir eigentlich viel lieber ist, als wenn einer nur beruehmte songs interpretiert. Das heisst, es verspricht neu zu werden, neu zu klingen & wahrscheinlich auch lockerer daher zu kommen. Ich kann mich auch irren. Urteilt selbst, ich bin ein gehorsamer zuhoerer.

So werden in den darauffolgenden monaten februar bis april 2012 ebenfalls auftreten:

  • Donnerstag, 23. Februar, 20 Uhr
    Lisa Helfer – Cafe de Paris –
  • Donnerstag, 29. Maerz, 20 Uhr
    Noemi Schroeder mit Roman Lemberg – Petit Sourire
  • Donnerstag, 26. April 2011, 20 Uhr
    Gerd Heger und Guido Allgeier – ein Gainsbourg-Abend –

Nachtraeglich erwaehnen moechte ich noch das Burdette Becks-Quartett, das in der Reihe Jazz, Rock & Kleinkunst seinen auftritt haben wird, in allernaechster zukunft schon, am 8. September 2011, im schloesschenkeller, 20 uhr – Burdette Becks ist mir bekannt von einem konzert in der orangerie, zusammen mit ro gebhardt – damals stahl er dem sympathischen & hochinteressanten jazzgitarristzen gebhardt beinahe die show. Auf diesen abend darf man nicht nur als jazzliebhaber gespannt sein.

Am 12. Januar 2012 dann mein persoenlich, allerhoechstderoselbst wichtixtes, highlight im schloesschenkeller: Es gastiert Michael Marx solo, er stellt sein erstes eigenes album „Saitenwende“ vor. MM´ Musik & Virtuositaet kenne ich mittlerweile schon seit dreissig jahren, unvergesslich sind die auftritte von marx, rootschild, tillermann (damals noch ohne ambi) im bahnhof niederwuerzbach – ich haette aber nie gedacht, dass er mal ein soloalbum herausbringt. Ich habe ihn in vielen situationen erlebt, in vielerlei kombinationen mit anderen saarlaendischen musikern, seine praesenz auf der buehne hatte fuer mich immer hand & fuss. Das finde ich ganz besonders erfreulich, da es hoffentlich seine ureigene musikalische seite zeigt. Aber das ist nur spekulation von mir. Ich lasse mich so oder so gerne ueberraschen.

Noch viele andere interessante Interpreten, Gruppen & Solisten werden bis naechstes jahr auftreten in blieskastel, ich moechte mich nicht weiter darueber auslassen, da sie mich weniger interessieren, man sehe mir meine ansprueche uneigennuetzig nach, wenn´s beliebt.

EIN AUGUSTNACHMITTAG


meine akustische gitarre hat fieber, mein bass laeuft schon seit langem rot an, & meine 12saitige ist daemlich & wie immer verstimmt…… ganz so schlimm isses nich, wenngleich die skrupel mir wieder langsam das rueckgrat hinaufkriechen wie schlangen. aber ich kann es nicht laenger verheimlichen: ich freue mich auf den immer spannender werden zweiten anlauf als yggdrasil, als bandmitglied, von mir aus auch als bassist –  ich wuerde am liebsten lachen, ich wuerde am liebsten weinen, ich koennte tausend takte lang lieder singen, damit die zeit stillesteht, wie kurz sind nur die gluecksmomente, die man sich erhofft, wahrhaftig erhofft & herbei wuenscht.
an illusionen & enttaeuschungen bin ich nicht arm, aber ich habe ja einen kleinen trost in der hinterhand, meine solo-sachen – glaube niemand, das waere einfacher, seine eigenen sachen zu praesentieren, das desinteresse ist riesig & nicht so einfach zu knacken. darin bin ich augenscheinlich noch frustierter & desillusionierter.
ist die luft auch wirklich nicht raus bei mir & den anderen? siehe den vorigen bericht vom 2. juli, der hat es in sich. da kracht das eis auf den fluessen & reibt sich.
morgen werde ich jedenfalls ein paar stuecke aufnehmen, auch wenn sie nicht perfekt klingen sollten. ich werde sie, wenn sie nicht allzu gruselig geraten, hier veroeffentlichen, versprochen – dann koennte es ja mal moeglich sein, dass es ein paar hoerer gibt, die mir ihre meinung kundtun wollen ueber den sound & die faehigkeiten unserer mittelalten maennerband, called NEW YGGDRASIL, vielleicht auch einfach nur Yggdrasil.
eine erste songlist steht seit anfang juli, es sind ein paar jazzstandards darunter, ein paar klassische rock´n´roll-stuecke, & natuerlich die beatlessongs, mit denen wir damals, 1970-1972, leider nicht oeffentlich auftraten, die uns aber immer im proberaum beschaeftigten. lang lang ists her, ja, aber nichts ist vergebens, nichts vergessen. ein bisschen sentimentalitaet steckt natuerlich auch noch in unseren koepfen, versteht sich von selbst, aber die realitaet wird sie schon kleinkriegen, da bin ich mir sehr sicher.

Nun isses doch passiert
, ich habe meinen alten groll (beinahe) endlich begraben & mache nun wieder musik mit meinem alten kumpel L –
& H ist auch wieder dabei, eigentlich eine kleine sensation, nach knapp vierzig jahren musizieren wir wieder miteinander. Trotzdem, ich muss aufpassen, dass ich nicht wieder in die alte rolle des fünften rads am wagen verfalle, dabei sind wir derzeit nur zu dritt …….
wir sind reifer geworden, was wunder, wir sind alle um die siebenundfuenfzig jahre alt in diesem jahr, da kommt schon ein bisschen was zusammen an musikalischer & sonstiger erfahrung. Was angenehm auffaellt ist: der hang zur lautstaerke ist abhanden gekommen, ob dies mit der wachsenden sensibilitaet von uns erwachsenen zusammenhaengt? Meinem angeknacksten gehoer tut es jedenfalls sehr gut, wenn leise & nur auf akustischen instrumenten gespielt wird. Hans´ Bandoneon ist das lauteste instrument in der runde – & die vorbeifahrenden autos & die saege, die ihren elektrischen teil dazu beitraegt (ich meine nicht die nachbarin). Natuerlich nehme ich jeden ton an diesem nachmittag auf mit meinem ´zoom´-geraetchen, made in china, auch die langen gespraeche zwischen den einzelnen liedern, interessant sind sie nicht, zwar bin ichs zufrieden, aber der geist der alten zeiten blitzt manches mal durch, & ich moechte diese erinnerungen nicht wieder aufleben lassen, koste es, was es wolle. Den drummer charlie haben wir ein zweites mal zuhause gelassen, aber er wird wieder mehrmals erwaehnt, von mir mit meinen schlimmen erinnerungen, & von L, der ein guter freund von charlie ist & ihn gerne wieder in der band haette.

Hans ist & bleibt ein phaenomen. Er hat womoeglich am meisten von uns dreien in den letzten jahren dazugelernt, nahm akkordeon-unterricht & uebt nebenbei noch klarinette, lernte eine handvoll echter jazzsongs von einem berufsmusiker, & das praegte ihn womoeglich am meisten. Darunter sind SUMMERTIME, AUTUMN LEAVES & SUNNY – endlich, endlich kann ich meine beiden notensammlungen von klassischen jazzsongs auspacken & hier & da verwenden. Endlich werde ich SUMMERTIME ausgiebig spielen koennen! Die arrangements sind schwierig, wir haben allesamt verschiedene versionen oder vorstellungen von einem dieser stuecke im kopf, anfangs  klingt´s chaotisch & verzwirbelt, doch es legt sich mit der zeit. & was nicht klappt & noch nicht zusammen kommt, das wird es bestimmt beim naechsten mal, da bin ich mir sicher.
die zeit ist nicht stehen geblieben – in diesem fall ist es ein gluecksfall geworden, doch wie lange er bestehen bleibt, ist voellig offen. wenn ich an meine musikalischen vorlieben denke, bob dylan, the band, the band, bob dylan, dann wird mir ganz wehmuetig ums herz – oder die wundervollen alten rock´n´roll-sachen von elvis presley, die er 1954 sang, Blue moon (eine schnulze), Mystery Train, That´s Alright Mama usw. – mein herz schlaegt fuer diese songs, sie sind einfach unschlagbar, nicht, weil sie so alt sind, die jazzsongs sind noch viel aelter, nein, sie sind in sich perfekt & funktionieren immer noch. klassiker eben. & es geht ab wie in einer jagenden wolfsherde, kann ich nur sagen.
bob dylans musik ist & bleibt mein hauptmusikalisches thema. Von keinem meiner alten freunde, aus der band oder sonstwoher, mag ihn leiden, seine stimme stoert sie am meisten. Nun, meine stimme aehnelt der bob dylans ein wenig, also wollte ich ihn auch singen, weil sein stil gut zu meinem passt. Vielleicht habe ich ihn auch nur verinnerlicht. Mit den meisten anderen songs, die wir frueher drauf hatten, konnte ich gesanglich nicht viel anfangen, aber Hans konnte sie alle singen. & wie!
okay, die aufnahmen waren meistenteils brauchbar, ich musste nur wenig reparieren, ich habe sie bis jetzt zweimal auf CD gebrannt, eine davon schenkte ich L, der sich richtig drueber freute. Fuer Hans werde ich sie auch noch aufnehmen, es sollen bloss erinnerungen sein an unser wiederfinden in den spaeten jahren…….
genug sentimentalisiert! Die naechste probe steht ins haus, mehr wird nicht verraten.

ich habe, das gebe ich gerne zu, einen bob dylan-fimmel & neuerdings erwaerme ich mich sehr fuer die alten the band-songs, vor allem die, die von rick danko stammen & selbstredend auch selber von ihm gesungen werden. seine spaetere solokarriere spielt dabei natuerlich auch eine nicht geringe rolle – er klingt alleine auf der buehne genauso wundervoll wie mit der gesamten band-bande. schaut euch um auf der website der band: http://www.theband.hiof.no, dann versteht ihr, was ich meine.
was haben die beiden anderen fuer fimmel? nun ja, hans steht auf gute melodien & sounds, er ist wahrscheinlich nicht fixiert auf eine bestimmte gruppe oder person, ausser vielleicht bei eric clapton, genauso louie, der seit den alten yggdrasiltagen clapton verehrt & ihn zu imitieren versucht. nun ja, wir spielen eben noch manchmal gerne im sandkasten, auch ich versuchte frueher ganz immens, den dylan in mir herauszukehren, aber bei unserer bigotten dorfjugendgesellschaft kam ich nicht gut an (siehe das vorurteil: dylan kann nicht singen!). bob dylan kann sehr wohl singen, das hat er immer bewiesen, neuerdings ist seine stimme aber leider beschaedigt, sie ist wohl am ehesten gealtert. ich bin ein fan von ihm, das macht mir wenig aus, wenn er weiterhin so gute platten veroeffentlicht wie die letzten von 1997 bis heute. & die qualitaet seiner songs spricht eine verdammt gute sprache, finde ich. wir werden etliche songs von ihm bringen, dafuer werde ich schon sorgen.

SUMMA SUMMARUM – WER SEINE SCHAEFLEIN BITTET IHR SCHERFLEIN BEIZUTRAGEN IST NOCH LANGE KEIN GUTER HIRTE


 

Ensemble Scheldeborn im Garten der mimbacher Pfarrei

JED

ES GEHT AUCH ohne Religion, wie man sieht & hoeren kann, im Garten des Matthias-Claudius-Heims in Mimbach, am gestrigen Sonntag, dem letzten Julitag des Jahres 2011 – & es handelt sich um eine kammermusikalische Darbietung, obwohl im Freien stattfindend, ein reines Vergnuegungs-Event war´s bei weitem nicht, der freiwillge Beitrag eines jeden Zuhoerers dient der Erhaltung & Wiederherstellung der mimbacher Kirchenorgel, einem guten Zweck also. Einem g u t e n Zweck!?

Wurde nicht schon genug georgelt, nicht nur in den Kirchen?
Sei´s drum, die Musik des „Ensemble Scheldeborn“, Axel Weinland, Doris Hertel & Peter Baarß, Gesang, Akkordeon & Gitarre/E-Piano, tat ein uebriges, diesen Sonntagabend zu verschoenern, auf eine eigenwillige heimelige Art & Weise, die man nur mit dem – selbsterfundenen – Begriff „Bliestal-Charme“ umreissen mag. Im Grunde genommen kam ich nur hierher, um aus einer bitterboesen Laune heraus dieses Konzert zu bootleggen, d. h., unerlaubt aufzunehmen & diese Aufnahme in – unerlaubten – Umlauf zu bringen. Das ist das Woelfische an mir, immer zurueckbeissen zu wollen, wenn einem wehgetan wurde, aber mir hat ja keiner von den Anwesenden etwas angetan – pax bliestalensis, wie der Englaender sagt, sollte an solch einem Abend herrschen, & nicht nur um diese Zeit.

Mehrere Male straeubten sich mir die Nackenhaare bei manchen der Songs, der grösste Teil bestand aus Reinhard-Mey-Liedern, angesagt mit wunderschoenen selbstverfassten Texten von Axel Weinland, die nicht nur den Charakter der Lieder wiedergaben, sondern noch weiter ausholten, autobiografisch gefaerbt mitunter, persoenlich & bliestalerisch angehaucht, mit Verlaub – das zweitbeste Vergnuegen an diesem Spaetnachmittag. Soll heissen: nicht nur die Musik Reinhard Mey´s hat zu diesem gelungenen Konzert einiges beigetragen. Ich habe die Gruppe schon mehrere Male in den letzten 15 Monaten gehoert & bewundere ihre Interpretationsmoeglichkeiten dieser Songs, insbesondere durch den Einsatz des Akkordeons,es sind auch etliche Stuecke von Hannes Wader & Konstantin Wecker darunter, die ziemlich bekannt sind, manche schon mit Folksong/Volkslied-Charakter…… Ja, ja, „Heute Hier, Morgen Dort“ hat auch schon laengst seine eigene Gemeinde gefunden, vielleicht so aehnlich wie „Die Lorelei“ von Heinrich Heine. Aber diese Lieder wurden an diesem Abend nicht gesungen.

Die guten Maechte waren ebenfalls vertreten im mimbacher Pfarrgarten, es regnete nicht, aber es gab auch keine sichtbare, waermende Sonne – tat dem Ereignis aber keinen Abbruch, die Leute waren´s zufrieden, es gab guten Wein, weissen, roten & rosefarbenen, Bier & belegte Broetchen, der Rose-Wein war uebrigens hervorragend, vielleicht trug dies auch zum Zauber dieses Konzertes bei, ich konnte keinen Fressfeind in diesen Stunden erblicken, das war sicherlich gut so, denn dieses Dorf ist mir fremd geblieben, obwohl ich ausschliesslich hier die Gegenden unsicher mache mit meiner unruhigen Anwesenheit. Mir froestelte nur im Laufe der Zeit, doch das wiederum kam nur von der unterkuehlten Witterung dieses Tages, der wie ein spaeter Oktobertag daherkam, grau gewandet & kuehl im Geiste.
Eines hat er zusätzlich bei mir bewirkt, ich freue mich naemlich jetzt richtig, dass die Wiederherstellung der Kirchenorgel in absehbarer Zeit moeglich sein wird, ein Stueck Heimatlichkeit mehr, das in meinem alten Herzen Einzug halten duerfte -– dabei werde ich bei dem Begriff „Heimatlichkeit“ bestimmt nicht gefuehlsduselig einbrechen, wie gesagt, die ohnehin schon kraftvolle Alltagsordnung wird nicht nur mich alleine morgen wieder einholen, & dann liegte es an einem jeden, das sonntaegliche Erlebnis noch eine ganze Weile mit sich herumzutragen & zu verarbeiten. Es wird nicht das letzte Ereignis dieser Art in Mimbach sein.

SCHULE DER AESTHETEN – DIE SOMMERAKADEMIE IN BLIESKASTEL


——> Ein Essay in Bildern <————

Der Wolfinthecity begegnet der blieskasteler kunst ……….
was mich morgens freut, stimmt mich am nachmittag nachdenklich – wie immer, mir kommen leicht die zweifel von den lippen & ins gehege, aber ich habe es mir ja selber ausgesucht, wenn ich an die oeffentlichkeit muss. zum glueck ist die princess lupa dabei, die ueber alle schranken huepft & sich nicht ein einziges mal nach mir umschaut. ich folge ihr nach, hier wieder ist die orangerie, das ganze gelaende des blieskasteler schlossbergs, einschliesslich internat & grundschule & alles, was dazwischenliegt, ist noch ueber eine woche lang der kreativitaet gewidmet. weil die prinzessin ebenfalls malt, gehen wir natuerlich sofort in die orangerie, wo die kunst des acrylmalens blueht. ploetzlich weiss ich mal wieder, weshalb ich diesen langen, schmalen raum so liebe – hier sind die farben zuhause, vielleicht wurde hier ein regenbogen fuer blieskastel geboren, zuzutrauen waer´s den vielen frauen, die hier malen. ich schnuere zwischen den staffeleien herum, kann kaum meine pfoten von den bildern lassen, die sitzende, liegende frauengestalten in allen variationen zeigen. ich liebe das unfertige, das im entstehen begriffene, es kratzt an meiner kreativitaet, neues zu erfinden –


princess lupa ist verschwunden, ich finde sie ein stockwerk hoeher bei ihrem ehemaligen chorleiter, der hier auch seinen kurs anbietet, wie sollte es anders sein, chorgesang auf hoeherem niveau, nicht nur im ersten stock der orangerie. meine prinzessin heult nicht gerne mit ihren woelfen, sie heult mit den menschen, damit diese ihr woelfisches verhalten fuer ein paar momente vergessen sollen, vielleicht wurde deshalb auch der menschliche gesang erfunden, eine art widerpart zum wolfsgeheul?!
wir schnueren hinueber zum ehemaligen internat, an der eingangstuer faellt mir sogleich ein aufklebe-logo der stadt blieskastel auf dem steinfussboden auf. „blieskastel liegt am boden, aber an der kunst will sie immer noch verdienen.“ haette ich am liebsten mit sch

warzer kreide daneben geschrieben. princess lupa hat etwas dagegen. sie ist heute die moralistin. mein woelfisches grinsen entgeht ihr nicht, sie stellt die rueckenhaare auf weibliche gegenwehr & knurrt mich zaehnebleckend von der seite an.
in den fluren herrscht gaehnende leere, aber aus fast allen raeumen hoert man stimmen & sieht leute laufen, hineingehen & herauskommen. geschaeftig sind alle, aber wunderschoen entspannt, kein wunder, sie haben urlaub & koennen ihren hobbies nachgehen. mein hobby, das moralische fressen suchen, habe ich zuhause gelassen.
wir hoeren von weitem die trommler, die cajons spielen, als wir zu den bildhauern stossen, ich schaue ein wenig aengstlich um mich, ob ich nicht ein stueck holz entdecke, an das ich schon mal gepinkelt & mein revier abgesteckt habe – zum glueck sind es allesamt importierte hoelzer, die hier geformt werden zu etwas neuem. das „neue“ sind die alten, uralten formen: idolaehnliche gebilde, goetzen aus der altsteinzeit vielleicht ….. wenn die leute nur wuessten, was sie da aus ihrem unterbewusstsein holen…..
die orangerie vor augen setzen wir uns noch in den garten & reflektieren unsere gemeinsame veragangenheit & die augenblickliche gegenwart. princess lupa ist weit davon entfernt, sentimental zu werden, aber es ist in zwanzig jahren sommerakademie schon einiges bemerkenswertes geschehen, sie hat ein faible fuer menschen & menschenbilder, sie ist immerzu neugierig darauf, einen menschen kennen zu lernen, der vielleicht menschlichere zuege als andere an sich hat. worin ich keinen seitenhieb auf meine woelfische wenigkeit sehe, beileibe nicht.

uns erwartet noch ´ne ganze menge an aktivitaeten, aber der garten hat es mir gerade so sehr angetan, dass ich nicht mehr weiter will. der nachmittag ist verflossen, hat sich aber keinesfalls verfluessigt. wir werden wiederkommen, vielleicht schon diesen freitag. oder am letzten freitag, bei dem grossen abschiedsfest der sommerakademie, wenn die verschiedenen teilnehmer ihre werke praesentieren. zu laut ist mir das menschenwerk geworden, aber ein wiedersehen mit ihnen wird es meinerseits allzeit geben. princess lupa ist feuer & flamme wegen der tollen bilder, sie weiss es nicht, aber sie ist die expressionistin in unserer beziehung. hoffentlich kann ich noch viel beute fuer sie anschleppen.
(wird fortgesetzt)

STADTFEST # 34 IM JAHRE 2011


Als philipp sutaio erstmals hier in blieskastel auf dem stadtfest war, sagte er zu mir: „gibt es hier irgendwo ´ne kneipe, wo man abhaengen kann, mister? ich habe den trubel hier satt, komme gerade aus london, weisst du, zuviele menschen ….“

damals gab es diese abhaengkneipen noch, das war 1982, sie hiess „Funz´l“ & war so etwas wie ´ne rock- & jugendkneipe – lange vorbei, leider. das mit der jugend klappt auch nicht mehr so richtig im jahr 2011. die ist auch schon lange perdu. das ist die kehrseite des abgeklaertseins: man kann sich nicht mehr so richtig freuen ueber jemanden, den man zufaellig trifft – damals waren die zufaelle noch willkommener anlass zu einer runde bier, spontanem knutschen auf offener strasse & freudengeschrei allerorten. 

aber philipp war schon 1982 abgeklaert, cool wuerde man heute sagen – er trug damals einen original irokesenschnitt, ging prompt als punkie durch in der weltstadt blieskastel, dabei war es wirklich ein echter oneida-schnitt des 18. jahrhunderts, der nur die hintere skalplocke stehen laesst – damals der letzte schrei unter den militanten jugendlichen auf den reservationen, sie nannten sich die neo-warriors, lakotas, cheyennnes, arikaras, crows & arapahoes. da mein halbindianischer freund ansonsten ein eher unauffaelliges europaeisches gesicht sein eigen nennt, nahm es ihm niemand ab, dass er ein echter indianer ist, die leute nervten ihn mit ihren abschaetzigen blicken, deshalb auch seine frage, er wollte nur allein sein & sich einen antuetern.

nun ja, letzteres ist ihm gelungen an jenem abend. 

es war das fuenfte altstadtfest in blieskastel.


WOLF IN THE CITY # 20 – ES IST SOWEIT


EIGENTLICH sind es glueckstage: meine verwandtschaftlichen feinde sterben weg. eigentlich. sie fanden fuer sich ihre letzte ruhe & ihren frieden mit der welt, ich werde ihn nicht finden, im gegenteil. so oft ich das grab meiner eltern aufsuchen werde, die uebrigens ganz & gar nichts woelfisches an sich hatten, werden die anderen schon da sein, mit ihren knoechrigen fingern auf mich zeigen & mich anklagen, so, wie sie es zu lebzeiten auch taten.
so schoen koennen friedhoefe sein. eigentlich sind jene orte der letzten instanz des menschlichen daseins fremd fuer mich & andere woelfe in den staedten, ja, gerade fuer einen solchen in der stadt, muss ich betonen, wir haben dort im grunde genommen nichts zu suchen, wo die menschliche sucherei & neugier aufhoert zu existieren.
aber wir woelfe halten uns an keine vertraege, wir sind an nichts & niemanden gebunden, es braucht keine zuchtmethode, um unsere art erhalten zu koennen, wir genuegen uns selbst.
aber – wer waren diese toten im leben? einst ueberschritten sie eine grenze: sie demuetigten mich & andere lebewesen, dabei zeigten sie fuer einen winzigen moment ihr einziges, wahres gesicht, genau diesen wesentlichen moment vermoegen wir woelfe wahrzunehmen & aufzugreifen. die maske ist dann gefallen fuer immer, & es kommt die wahre, haessliche fratze des menschen darunter hervor. heisst es nicht haeufig: „Der mensch ist des menschen wolf.“?
dann ist es soweit, die grenze ist ueberschritten, die trennlinie zwischen wahrhaftigkeit & verlogenheit, zwischen wein & wasser – die goetter der menschen moegen ihnen allen verzeihen. meine goetter werden nur eines tun: lachen.
sie lachen auch mich aus, & das ist eigentlich ganz gut. sollen sie lachen. es gibt kein verzeihen, & ich erwarte auch keines, weder von den goettern noch von den menschen. es gibt aber ein vergessen nach dem tode. & dieses vergessen ist fuer die lebenden gedacht.
wir woelfe wissen nicht, wo unsere knochen dereinst vermodern werden, & es ist im grunde genommen auch egal, die menschen sorgen sich darum, sie aengstigen sich, was nach ihrem tod mit ihnen geschieht. sollen sie ruhig, die feindseligkeit soll ihre geringste sorge sein.

OESTERLICHER LIEBLINGSORT


Lieblingsorte, wir spaeten Juenglinge & Maedchen haben sie uns schon vor laengerer Zeit ausgesucht, heute morgen, es ist Karfreitag, 22. April 2011, wollen wir nach Homburg-Beeden, zu den Stoerchen, wie es meine Freundin ausdrueckt. Das Ziel ist klar.

&amp; der Himmel ist es ebenfalls, viel zu warm ist es am spaeten Vormittag, wir sind beide empfindlich gegen die zu fruehe Waerme im April, aber die Voegel, die wir in Beeden hoeren & sehen, lassen uns das fuer kurze Zeit vergessen. Minutenlang lauschen wir zwei Nachtigallen im Gebuesch, wir koennen sie nicht sehen, aber dafuer um so besser hoeren – Ich bin immer wieder tief beeindruckt von dem Melodienreichtum dieses herrlichen kleinen Vogels, er singt uns den wahren, echten, unverfaelschten Fruehling herbei.

&amp; am Biotop, auf der anderen Seite, sind sie alle versammelt an diesem Spaetmorgen, die Konik-Pferdchen, die Heckrinder, die Wasserbueffel, die Highlander-Rinder, habe ich was vergessen, ach ja, das Storchenpaar, das den Horst auf dem hohen Mast endlich angenommen hat & fleissig seine Jungen aufzieht, die Gaense sind irgendwo in ihrem morgendlichen Versteck zugange, ein paar Stockenten flattern & quaken auf dem Wasser. Es ist ein wundervolles Fleckchen Erde hier, & ich bin dankbar, dass ich es immer wieder aufsuchen kann, besonders um diese Zeit, im April, Anfang Mai.

A CITY WOLF IN THE FIELDS


bin beileibe nicht zahmer geworden, weil ich mich laengere zeit nicht gemeldet hab – bin nur zeitweilig von der stadt blieskastel weg, weil my-home-is-my-castel nicht mehr so richtig zutrifft.
die zeit rinnt aus, mein stundenglas wird bald leer sein & niemand da, der es wieder umdreht, damit alles von vorne beginnen koennte. sorry, ich spreche in raetseln, denn mir ist nach symbolen zu mute, nach metaphern, die niemand versteht oder verstehen will, es sei denn, jemand mag woelfe, vielleicht timberwoelfe oder polarwoelfe!? die sind gewaltig gross & koennen auch beissen, & sie heulen den mond an, obwohl der nie zurueckheult, keiner weiss, warum.
meine geliebte frau, princess lupa, ist isegrimmig, unsere kinder sind schon gross & in alle winde verstreut, das setzt ihr gewaltig zu – wir sind nicht mehr die juengsten, n´est-ce pas? gestern besuchten wir wieder das schoene hornbacher hotel im ehemaligen kloster. weiss auch nicht, warum es mich da immer wieder hinzieht, aber princess lupa war ganz aus dem haeuschen – vielleicht ahnt sie, dass es unser letzter fruehling sein koennte ……. mir isses wurscht, ich habe meine kaempfe gekaempft, viele davon sind unentschieden oder unguenstig fuer mich ausgegangen, aber ich habe meinen mann, respektive wolf, gestanden. & meine feinde meiden mich, das ist gut, ich weiss aber, sie sind noch da & beobachten mich. aber das ist mir ebenso wurscht wie egal.

Es Ist So Schoen Verrueckt Zu Sein!


offener brief an alle, die´s betreffen koennte:
„es ist vorbei“, hat dies nicht auch jesus gesagt?! jetzt ist es wirklich vorbei mit mir & meiner zeit, nun bin ich ein echtes fossil, das, zusammengepresst zwischen -zig schieferschichten, vergessen & verlassen in der erde ruht. jetzt kann ich in der tat tun & lassen, was ich will, niemand wird sich drum scheren. es bedeutet die ultimative freiheit des einzelnen. nur, dass der ultimo die hoffnungslosigkeit sein & das ende das altbekannte weltliche ende sein wird: anonym, verlassen, einsam, arm, bettelarm, armensarg, armenbegraebnis, armenverbrennung, armenentsorgung, hartz-iv-grabstelle, vergessen, vergessen & vergessen werden.
jetzt aber genug von diesen schwarzseherischen aussichten, es gibt auch positives zu vermelden, naemlich:
 die narrenfreiheit des verueckten – charakterisierung einer mimbacherin, die mich anscheinend gut zu kennen meint, ueber mein auftreten in den achtziger jahren in der oeffentlichkeit: „ach, der war doch immer besoffen & hat nur wirres zeug von sich gegeben, das keiner verstand!“
danke, unbekannte dame, sie haben der wahrheit direkt mit der brennenden fackel ins gesicht geleuchtet & ihr die augenbrauen versengt. danke.
waere ich eine comicfigur aus lucky lucke wuerde ich jetzt dagegenhalten: „das IMMER verbitte ich mir!“ aber ich bin keine comicfigur.
waere ich im marihuana-tran der kerouac-anhaenger steckengeblieben & wuerde bei jeder gelegenheit den altehrwuerdigen beat-epigonen eine lanze brechen wollen, wuerde ich ausrufen: „nur der rausch ist die wahre, wirkliche welt!“
niemand wuerde mir glauben, & jeder wuerde mich fuer verrueckt erklaeren & hat es inzwischen bereits mehrmals getan.
& zugegeben: ich bin´s gerne. ich huepfe gerne auf baeumen herum, esse pilze, die ich noch nicht kenne, worauf ich wild verzueckt jedes eichhoernchen, jeden kaefer & jedes wildschwein, jeden hasen & jedes kaninchen, denen ich begegne, knutschen koennte, was ich auch manchmal tue. seitdem gehen mir diese tiere zwar aus dem weg, aber es gibt noch andere wege, auf denen ich wandern kann. unsere landschaften sind voll davon.
& die landschaften sind voll von diesen tieren, die ich eben aufzaehlte. & noch vielen anderen mehr. ich werde beileibe nicht diese besagte dame tierhaft charakterisieren, das liegt mir fern – einhoerner gibt es nicht mehr, & einfaeltige tiere gibt es ebensowenig.  
die wahrheit ist: ich habe in meiner jugend gerne gesoffen, bin gerne mit meinen kruden ideen hausieren gegangen vor leuten, die ich wenig oder gar nicht kannte, & schlimmer noch, selbst vor denen, die ich gut zu kennen glaubte, & vor denen ich mir meine bizarren spaesse erlauben konnte.
heute weiss ich, man kann sich nichts erlauben, wenn man keinen guten leumund hat. ich frage mich nur, welchen leumund diese besagte dame hat.
mir laeuft der schlechte ruf voraus. er ist der herold meiner begangenen & nicht begangenen schandtaten. er ebnet die strecke, die noch vor mir liegen mag & stellt die weichen & fussfallen, die mich niemals ins ziel kommen lassen. er ist der gute freund meiner familie, die ich nie hatte. er ist das kind meiner worte, die ich in der falschen tonart gesagt habe – er singt das schlachtenlied der vergeblichkeiten, das hohelied der schwaeche & psalmodiert aus dem hymnenbuch meiner unzulaenglichkeiten.


 

Wolf In The City, Part 7


ein freitag, ein montag, dienstag, mittwoch, & ein donnerstag – ich kann nicht behaupten, dass sich in diesen letzten fuenf tagen meines arbeitsverhaeltnisses nichts bewegen wuerde. ich gehe naemlich jeden morgen zu fuss zur arbeit, so, wie ich vor ueber zwei jahren angefangen habe. & so, wie es begann, wird es auch aufhoeren, ganz klein & jaemmerlich, kurz davor, sich in die hosen zu machen – schoene neue welt, die sich im beginnenden alter nicht mehr viel aendert. nur dass es jetzt noch leichter bergab geht. fuer mich als grau gewordener stadtwolf kein grund zum verzweifeln. jedoch, zweifel habe ich ueber & uebergenug. die bleiben mir stets auf meiner faehrte, obschon sie keine gefaehrten sind.
spreche ich von aeusserlichkeiten – die bliesbruecke veraendert sich allenthalben, es geht voran mit der rechten fahrspur der bruecke, in dieser beginnenden freitagsdaemmerung, morgens um halb acht, kann ich nicht viel erkennen, das wasser ist tiefschwarz, & der dichte nebel tut ein uebriges. die baustelle oberhalb des wassers ist von einem einzigen grossen scheinwerfer beleuchtet – ich sehe ein paar arbeiter in der kaelte stehen, ihre gelben helme ragen vage aus dem grau heraus, wie fremdkoerper in einer wildgearteten umgebung. richtig verstohlen trottend komme ich mir vor, als ich die bruecke ueberquere, diese gedanken habe ich ueberhaupt nicht, wenn ich mit meinem auto den selben weg einschlage – alte bilder tauchen schemenhaft vor meinem inneren auge wieder auf, bilder vom winter 2008, als ich aeusserlich ruhig & gefasst jeden morgen meinen weg zur arbeit einschlug, zufrieden, dass ich manchmal ein paar kilogramm weniger wog in diesen tagen, unzufrieden mit der gegenwart & meiner voellig raetselhaften zukunft. nun gut, die gegenwart ist noch immer nicht befriedigend, aber wenigstens weiss ich, was mich zukuenftig erwartet …..
fast immer, wenn eine kleine episode oder „epoche“ in meinem dasein sich dem ende zuneigte, kam ich ins gruebeln & wurde sentimental. diesmal nicht. liegt es an der jahreszeit oder daran, dass sich das ganze wiederholt, was ich zur zeit durchmache, aber ich will dieses mal den kopf nicht haengen lassen oder in den sand stecken. dieses mal wird meine kreativitaet noch staerker als sonst dabei sein, neue wege & zuversichten zu finden.

einen guten ruf als stadtwolf geniesse ich keineswegs, ich bin nicht traurig darueber. ich werde diesen schlechten ruf sogar pflegen, so, wie ich es immer gehalten habe seit den achtziger jahren. frei nach heinrich heine, der geschrieben hat: ich moechte an jedem morgen aufwachen & gewiss sein, dass meine feinde an einem der baeume da draussen haengen ….. wahrlich ein beruhigender gedanke. doch gibt es ueberhaupt so viele baeume im stadtgebiet blieskastels!?

als reissender wolf haette ich sicherlich keine bedenken, es meinen feinden heimzuzahlen. ich bin in die jahre gekommen, mein zorn & mein heisshunger sind nicht mehr so stark wie vor 25 jahren – die natur erledigt vieles auf ihre art, auch bei den woelfen, glaubt mir das.

daneben bin ich stark versucht zu sagen: ja, meine damen & herren, ich habe einen traum fuer die naechste zeit: ich moechte als hyaene wiedergeboren werden & durch eine leere stadt streunen & dabei die letzten ueberreste seiner menschlichen & tierischen bewohner auffressen. & diesen traum verstehe ich nicht als alptraum!!!!!!

 

Wolf In The City, Part 8 – Woelfe & Jaeger


jetzt patrouillieren sie wieder, die apostel des tierischen ablebens, die jaeger im gruenen rock, sie beziehen posten an fast jeder strassenecke & lauern mir auf, weil ich ein pelztraeger bin – den pelz kann ich vor ihnen noch einigermassen verstecken, doch meine gelbstichigen augen & meine grosse schnauze kennt fast jeder hier in der stadt. ich gehe ihnen nur zu gerne aus dem weg, aber sie kennen mich zu gut, rufen mir wueste worte zu, eine art aufforderung zu einem ungleichen kampf auf leben & tod, den kampf, den ich auf den tod nicht ausstehen kann. sie halten ihre geladenen buechsen mit den laeufen hoch in die luft, den finger am abzug, sie grinsen mir schamlos ins gesicht & freuen sich diebisch, mir ein paar kugeln in den kopf zu jagen. wenn sie ihn denn treffen werden ……. sie ihrerseits freuen sich, bald im besitz meines schoenen winterfelles zu sein, mit dem sie ihre wohnung ausschmuecken & ihre eitelkeit befriedigen koennen. sie haben nicht nur die jagd, sie haben auch den erfolg gepachtet – & warten darauf, dass er sich einstellt. es sind jaeger, nicht aus leidenschaft, sondern aus einem enormen erfolgsdruck heraus – sie muessen mit einer bestimmten strecke an jagdbaren tieren aufwarten koennen, sonst ist es aus mit ihrer karriere in wirtschaft, industrie & wald.
woelfe haben keine karriere zu machen. wir brauchen nur wolf zu sein. ein woelfisches gemuet ist unsozial & damit befaehigt genug für einen hinauswurf aus dieser gesellschaft. ich frage mich nur, ob jaeger auch dieser edlen gesellschaft angehoeren, oder dass sie doch ihre eigene bilden, es waere ihnen nicht zu verdenken. denn ist nicht ihr gruener rock ein statussymbol der besonderen art!?

sie sind wie kleine welpen. so leicht zu durchschauen, ich muss jedes mal ein kichern unterdruecken, wenn ich sie breitbeinig & männlich stark herumlaufen sehe, die flinte als ihr statussymbol, dazu den etwas angejahrten mercedes in silbergrau auf dem staedtischen marktplatz, damit ihn alle welt bewundern kann. ach, es gibt so viele wunderbare gelegenheiten, sich ihrer laecherlichkeit bewusst zu werden & vergnueglich angedeihen zu lassen, ich kann es kaum beschreiben.
einmal mischte ich mich, als englaender mit cut & grauem zylinder verkleidet, an einem faschingsball unter dieses voelkchen der stadt. & da ich wirkte wie aus einem roman aus dem 19. jahrhundert fiel ich nicht weiter auf, meinen backenbart hatte ich entsprechend gekaemmt, er passte ideal zu meiner verkleidung. & ich tanzte mit allen damen der anwesenden honoratioren der stadt, sie umschwaermten mich geradezu, weil ich in der tat ein guter taenzer bin, vor allem bei den altmodischen walzern – ihre maenner wurden stellenweise eifersuechtig auf mich, weil die damen so begeistert waren von meinen vorzueglichen manieren & gepflogenheiten.
& bei der demaskierung blieb ich verschwunden – schnell hatte ich mich auf der herrentoilette meines kostuems entledigt & ging wie gewohnt als nackter, nackter wolf, das kostuem, das mir am besten steht.
niemand erkannte mich.
etliche der damen, mit denen ich getanzt hatte, vermissten mich bei der demaskierung. sie standen in der tat auf mich mit meinem altmodischen, englischen aussehen. als wolf, & ich bin recht wohlgeraten als vertreter dieser fleischfresserkaste, nahm mich niemand von ihnen vorher zur kenntnis. entspricht man nicht ihren vorhersehbaren schoenheitsidealen, ist man ein nobody. sie hatten jedenfalls nur augen fuer fraecke & zylinder. & von meinen jaegern konnte ich keinen einzigen erblicken an diesem abend, sie blieben verschwunden, den grund dafuer weiss ich bis heute nicht. es waren nur wichtige & wichtigste herrschaften der stadt vertreten, die blutordenvertreter blieben aussen vor.
mir war´s recht. sich als wolf, wenn auch verkleidet, in diese gefaehrlichen hoehlen des hasses & der ausrottung zu wagen, war sehr kuehn von mir gedacht. hinterher wunderte ich mich selbst ueber meine courage. aber, so hoerte ich, die damen sprachen noch wochenlang von diesem gutaussehenden englischen taenzer, der sie so ueberaus galant ueber das parkett gefuehrt hatte. dabei hatte ich lediglich meinen wolfstrab zurueckgehalten, um die damen so richtig auf trab zu bringen. das scheint mir ja tatsaechlich gelungen zu sein.

nun hat mich die wirklichkeit wieder – manchmal lauern mir diese tueckischen gruenen herrschaften so hinterhaeltig auf, dass sie mich waehrend meines besuches in der stadt ueberraschen & sogar verletzen koennen, im letzten jahr mindestens fuenf mal. ich habe die attacken ueberlebt, aber zwei narben blieben von meinen verwundungen zurueck, die ich heute noch spuere. sie werden nicht die letzten sein.

Mein letzter Tag im Amt der fürsorglichen Entsorgung


hasenfellhimmel – hasenfellhimmel – dieses wort ist aus einem gedichtanfang von paul celan, dem wunderbaren, raetselhaften dichter, es passt zur himmelsfarbe dieses donnerstagmorgens.
& es passt zu meiner person: ich besitze ein hasenherz, grau & blutig, klein & zag, ein ungegerbtes hasenfell, das laengst raeudig & schuetter sein muesste & einen himmel, der nicht mir gehoert, sondern einer unbekannten anderen rasse. ich fuehle mich verfolgt & von hunden & treibern gehetzt, die nur darauf warten, mir dieses fell ueber die ohren zu ziehen. gestern abend redete ich noch mutig & beherzt, heute verschwimmt aller mut im graublau des morgens, jedes sandkorn auf der strasse hat heute eine andere farbe als gestern. & morgen wird sich die farbe wieder veraendert haben.
im loslassen bin ich geuebt – es war nicht immer so, als ich jung war. da hielt ich fest, so lange ich nur konnte, es hat trotz alledem nicht viel genutzt. nun lasse ich das seilende los & befinde mich wieder im freien fall, wie vor fuenf, sechs jahren. die teufel passten auf, dass ich nicht strauchelte, & die engel gaben mir einen kleinen stubs mit auf den weg, aber auch dies ist voruebergegangen wie wasser in einem fluss.

Wolf In The City, Part 6


Winterschlafenszeit – vorübergehende abkehr von der lieblingsstadt & aufbruch in die waelder meines heimatlichen dorfes auf der rechten seite der blies – aus nassem walnusslaub baue ich eine huette, lade die residenten singvoegel ein, mit mir zu speisen & schenke ihnen die kruemel, die mir andere menschen grosszuegig ueberlassen haben. jeder muss irgendwie ueberleben koennen – mein ueberlebenskampf ist ein rueckzug, nicht ganz freiwillig, aber ich finde ihn spannender als das herumstreunen auf asphaltierten wegen in den haeuserschluchten, wo es keine nahrung fuer mich mehr gibt. auch sind woelfe hier im stadtgebiet selten geworden, ich kenne nur vier stueck, die sich mir halbherzig angeschlossen haben, andere ziehen es vor, bei den menschen zu bleiben & deren sprache zu sprechen. aber diese vier gehen sich trotzdem gegenseitig aus dem weg, zu gross ist der drang, alleine zu sein & zu bleiben.
es gehoert kein elitaeres denken  dazu, in winterlichen zeiten sich abzusondern. es gehoert eine menge mut dazu, es dennoch zu tun. ich begebe mich freiwillig auf duennes eis, meine zukunft ist unsicherer denn je, die gefahr zu verhungern ist gross, dabei hat der winter noch nicht einmal begonnen. dennoch, die schlafenszeit ist gekommen. ich meine nicht den winterschlaf, woelfe halten keinen winterschlaf. auch die leute in der stadt halten keinen, sie sind nicht darauf vorbereitet, sie bleiben zuhause & naehren sich redlich von dem, was sie verdienen.
viele woelfe hingegen verdienen nicht einmal mitleid. sollte ich je einem meiner jaeger begegnen, der bestimmt zu keinem mitleidstraeger gehoert, so wird er dies nicht ueberleben. doch dies waere wiederum stoff fuer einen weiteren artikel, das verhaeltnis von woelfen zu jaegern.

Im Schloss brennt noch Licht – Konzertreihe/n in Schlösschenkeller und Orangerie, Blieskastel 2010/11


„Im Schloss brennt noch Licht“ –
Dieser Satz ist eine meiner alten Metaphern aus der Vergangenheit, wahrscheinlich noch aus den achtziger Jahren stammend, damals pflegte ich in meinen Texten noch üppig zu romantisieren. Aber bleiben wir lieber in der Gegenwart, es ist wieder einmal Herbst, die blieskasteler Kultursaison nimmt Gestalt an für den Rest des Jahres 2010 – Über die bevorstehenden drei Dutzend Operngalas, vierzehn Orchester-Konzerte & zweiundzwanzig Weltpremiere-Musicals, darunter solche Klassik-Cracks wie Liang-Liang, Anna Netrebko, alle vier wiedervereinigten Beatles, Sting, Jimi Hendrix oder die Rolling Stones mit Mick Taylor will ich mich jetzt nicht auslassen, ich beschränke mich auf die Kleinkunstszene, die es in der Tat wert ist, näher erläutert zu werden.

Wie lange gibt es diese Konzertreihe wohl schon?! Zwanzig, zweiundzwanzig Jahre – oder mehr!? Es ist nicht wichtig. Aber trotzdem, ein kleiner Rückblick sei mir an dieser Stelle erlaubt: Calabroun, Marie-Laure & Rüdiger, An Erminigh, Die Schoenen, Rainer Rodin & Michael Marx, Andrea Reichert, um nur ein paar Namen saarländischer Künstler zu nennen, die ausschliesslich im Schlösschenkeller auftraten, die Orangerie war damals als Veranstaltungsort für Kleinkunst noch nicht in vollem Umfange vorgesehen. Zu erwähnen wären noch Jacobi & Schorsch (der später solo als Schorsch Seitz bekannt wurde) – Ich habe sie alle mindestens einmal im Schlösschenkeller erleben dürfen. Alleine wenn ich an die beiden legendären Konzertabende von Calabroun denke, irgendwann in den frühen neunziger Jahren, könnte mir heute noch schwindlig werden vor Begeisterung, dieses Folk-Duo konnte wirklich verzaubern mit seinen Melodien. Leider fand ich nirgends Platten oder CDs von ihnen, wahrscheinlich legten sie keinen Wert darauf, auf Platten verewigt zu werden.

Die so genannte „Orangerie“ des nicht mehr existierenden blieskasteler Schlosses beinhaltete in den letzten paar Jahren noch mehr eindrucksvolle Aufführungen, weil die Palette musikalischer Darbietungen noch breiter angelegt wurde – & noch ist.

Schlösschenkeller & Orangerie liegen nah beieinander, es ist wirklich nur ein Katzensprung, & schon ist man mitten im blieskasteler Kulturgeschehen zweier Kleinkunstbühnen, die sich vor grösseren Städten wie Zweibrücken oder Saarbrücken nicht zu verstecken brauchen.

Meinen ganz persönlichen „Auftakt“ der 2010er Saison versäumte ich leider, das Konzert der Gruppe JEM am 12. September war bereits eine Woche vorher ausverkauft – Helmut Eisel, Michael Marx & Stefan Engelmann sind JEM – Saarland-Cats werden diese Namen sicher ein Begriff sein. Die Gruppe gastierte mindestens schon zweimal in Blieskastel, mit ihrem Klezmer-Jazz können sie bestimmt die Steine der Orangerie & der nahen katholischen Barockkirche zum Weinen bringen – Wäre auch günstig für die Instandhaltung & Trockenlegung beider Gebäude, wenn dem wirklich so wäre. Manche ihrer Stücke sind in der Tat zum Heulen schön. Auf Michael Marx werde ich später noch einmal ausführlich zurückkommen.

Die jetzige Saision, 2010/11, verspricht reichlich spannend zu werden. Noch nie haben mich so viele Gruppen & Interpreten neugierig gemacht, ihre Konzerte in diesem Jahr aufzusuchen. Ich freue mich wirklich auf diese Veranstaltungen & werde versuchen, für jedes Konzert einen kleinen Report in meinem Blog zu schreiben. Zu sämtlichen Veranstaltungen kann ich leider nicht gehen, dazu fehlen Zeit, Geld & auch das Interesse.

Hier jedenfalls sind die persönlichen Favoriten:

  • Am Freitag, 5.11.2010, 20.00 Uhr gastiert Ro Gebhardt mit seiner neuen Formation „Intercontinental“ in der Orangerie – diesmal in Triobesetzung Gitarre, Bass & Schlagzeug. Diesen wunderbaren neunkircher Jazzgitarristen habe ich in den zurückliegenden Jahren öfters gehört & erleben dürfen, besitze überdies mehrere CDs von ihm – Er klingt jedesmal anders & immer neu & interessant für mich. Neben Susan Weinert, ebenfalls eine Jazzgitarristin aus Neunkirchen/Saar, ist er einer der bekanntesten jüngeren Jazzer aus Deutschland & tourt mittlerweile auf der ganzen Welt.
  • Eine junge, aus unserer Region stammende Sängerin/Keyboarderin, Melina Wack, die sich „Mara“ nennt & eigene Lieder vorträgt, ist am Sonntag, 7. November 2010, 17.00 Uhr, zu Gast in der Orangerie.
  • Gitarre solo bietet der Konzertgitarrist Friedemann Wuttke am Sonntag, 14. November 2010, 17.00 Uhr, ebenfalls in der Orangerie. Leider sind mir die klassischen Gitarristen nicht so geläufig, deshalb kann ich nichts zu diesem Künstler sagen. Aber hingehen lohnt sich auf jeden Fall. Hinterher weiss ich dann mehr. Ausserdem liebe ich Gitarrenmusik jeglicher Art.
  • Pe Werner, Samstag, 20. November 2010, 20.00 Uhr, Bliesgaufesthalle – Endlich! Wieder mal eines der seltenen Konzerte in der blieskasteler „Hollywood Bowl“!
    Pe Werner singt Jazz. Unter anderem. & damit werde ich einer der Ersten sein, die dieses Konzert besuchen werden. Ist ein positives Vorurteil, ich weiss, aber als Jazzfan kann ich da nicht anders.
    „(…) Und nun, 19 Jahre nach ihrem ersten Album setzt Pe Werner einen neuen Meilenstein ihres künstlerischen Schaffens – das neue Album „Mondrausch“ ist eine gekonnte Expedition in musikalisches Neuland. Ob Pop, Klassik, Jazz oder Chanson – Pe Werner zeigt wie souverän und leidenschaftlich sie sich in all den Stilen und Genres der Musik bewegen kann. Die 16 Lieder auf „Mondrausch“ drehen sich alle in poetischer Weise um das Licht, das uns die Nacht erhellt und Ort so vieler Träume und Mythen geworden ist.“ (Autor: Jochen Siemens) – Auszug aus der Website der Künstlerin.
  • Edith-Piaf-Abend mit Oranna Kasper, Donnerstag, 25.11.2010, 20.00 Uhr, Schlösschenkeller – Edith Piaf: Vorbild für Janis Joplin, weltbekannt, leidenschaftlich, versoffen, kaputt, sinnlich, Entdeckerin von Georges Moustaki, Chanson-Schreiberin, grossartige Sängerin. Muss man noch mehr sagen? Selbst in der Nachinterpretation haben die Songs/Chansons noch etwas von ihrer Leidenschaft behalten. Laut SZ (& Programmheft der Stadtverwaltung) „….. man könnte von mindestens 80 % Übereinstimmung sprechen“. Dem kann ich nichts mehr hinzufügen ausser: Hingehen, hingehen, hingehen, zuhören …..  Auftaktkonzert einer neuen Reihe namens „CAVEAU CHANSON“, die von Brigitte Rinderle, Beigeordnete, ins Leben gerufen wurde.
  • Robby Jost-Duo, am 13. Januar 2011, 20.00 Uhr, im Schlösschenkeller, Blieskastel – Robby Jost, Gesang, ein Fünftel der Marx-Rootschild-Tillermann-&-Amby-Band, gemeinsam mit Dietmar Leineweber (Keyboard) wird nicht alltägliche Popsongs darbieten, wie aus dem Programmheft zu erfahren ist. Robby Jost, als Sänger der MRT-Band, interessiert mich ganz besonders stark, da ich ihn als solchen bewundere, selber spielt er kein Instrument & wird nur vom Keyboarder begleitet. & was das Songmaterial betrifft, kann es nur ein interessanter & kurzweiliger Abend werden, es sind nämlich noch etliche Eigenkompositionen angesagt. Für mich als Dichter/Songschreiber/selbsternannten Poeten natürlich ………
  • Julia Neigel-Konzert, Samstag, 15. Januar 2011, 20.00 Uhr, Bliesgau-Festhalle, ein viel versprechendes Konzert, wenn man dem Programmheft glauben darf.   Stilübergreifendes  Repertoire heisst es da weiter vielversprechend. Ich möchte die Dame nicht versäumen!
  • Les Chansons, Donnerstag, 27. Januar 2011, 20.00 Uhr, Schlösschenkeller:
    „Les Chansons“ sind Noel Walterthum und Christoph Kleuser, französisch und deutsch, ihr Repertoire umfasst Stücke von Piaf, Becaud, Georges Moustaki, Michel Sardou, Francis Cabrel, Isabel Boulay und und und ….
  • Lieder der Poesie – Amby Schillo, Nino Deda & Michael MarxSonntag, 13. Februar 2011, 17.00 Uhr, Orangerie:
    Meine saarländische Lieblingsband, neben den Rootschilds/Tillermanns, mit ihren Vertonungen berühmter deutscher Gedichte. Wer sie erleben durfte in Bliesbruck, im September 2009, der weiss, wovon ich rede. Und wer die Gedichte liebt, die sie vortragen, wird mir recht geben, wenn ich sage, dass Lyrik ebenso Musik sein kann, wie die Musik selber. Gedichte von Rilke, Hermann Hesse, Goethe und modernen DichterInnen wie Ingeborg Bachmann sind reine Musik, was einem früher durch das Lesen nur im Kopf lebendig war, hier wird es durch Gesang und Begleitung zu ihrer wahren Bestimmung geführt, nämlich hörbar gemacht und durch die brillante Musik noch veredelt.
  • Ca va, Donnerstag, 24. Februar 2011, 20.00 Uhr, Schlösschenkeller Blieskastel – Ca Va, ein Duo, bestehend aus Patricia Dejon, Gesang und Fritz Schneider, Gesang und Gitarre, werden begleitet von Gaston Michel, Akkordeon. Das Repertoire: die üblichen Verdächtigen. Läuft in der Reihe Cavau Chanson.
  • Die Tollkirschen, 10. März 2011, Bliesgau-Festhalle, Blieskastel Bereits einmal habe ich sie erleben dürfen, vor fast zwei Jahren – Ein Gewitter, ein Orkan, der Beelzebub persönlich in Gestalt von betribbelten Ehemännern und –frauen, dunkelbraun vom zuviel durch-den-Kakao-Gezogen-Werden, niemals müde werdend im Situationskomik-Fach und darüber hinaus! Dafür haben sie zuviel Selbstironie. So geschehen bei ihrem Auftritt in Blieskastel im März 2009. Übertreibe ich!? Ja, auf keinen Fall!
    Und keine Berührungsängste, vor diesen Sketchen, ihr Männer, die Damen sind keine Emanzen! Saukomisch. Wunderbar. Sie schreiben ihre Texte selber und sind Amateurinnen.
  • Sarah Eddy, 24. März 2011, Schlösschenkeller Blieskastel, 20.00 Uhr Eine junge Französin aus dem Elsass, zum ersten Mal in Deutschland zu hören – Irgendwo zwischen Rock und Poesie changierend. Und da bei uns noch unbekannt ist sie sehr, sehr interessant für mich.
  • Marx, Rootschild, Tillermann „Best of“, 01. April 2011, Bliesgau-Festhalle, 20.00 Uhr – Klingt viel versprechend, dieses „BEST OF“, vielleicht ergeht es mir dann wie den eingefleischten Grateful Dead-Fans, die sogar T-Shirts in den Konzerten der Dead trugen mit der Aufschrift: Werden sie heute abend DARK STAR spielen? Mein Dark Star bei den Rootschilds ist ihr „Ich Hab Mich In Dein Rotes Haar Verliebt“. Im Jahr 1981, als ich das Lied zum ersten Mal hörte, hat es mich so tief beeindruckt, dass ich mein Geschreibsel als Amateurmusiker und -dichter umstellte auf die herkömmlichen Reimschemata in deutsch. Auch ich wollte von meinen Landsleuten verstanden werden. Ist mir aber bis heute nicht gelungen. Seit 2010 schreibe ich wieder in englisch, mit vielen Ausdrücken aus der Cheyennesprache. Zum Glück versteht die niemand sonst auf diesem Kontinent.
  • Four On The Floor, Donnerstag, 7. April 2011, 20.00 Uhr, Schlösschenkeller Blieskastel, eine Jazzformation mit u. a. Amby Schillo, Stefan Engelmann und Martin Preiser. Hörte sie im Sommer 2010 in Homburg live – bin gespannt, wie sie im Schlösschenkeller klingen, der meiner Meinung nach eine wunderbare Akustik bietet, nicht nur für moody Jazzsongs.
  • Helen Schneider, Samstag, 9. April 2011, 20.00 Uhr, Bliesgaufesthalle – Vor kurzem mit Gunter Gabriel, als Johnny Cash – sie als June Carter Cash – auf der Bühne, bietet sie hier ihr eigenes Repertoire, Dream a little dream, es verspricht, wieder jazzig zu werden. Bin sehr gespannt auf sie, gerne hätte ich sie als Cashs Ehefrau gesehen und gehört. 
  • Fleur Gire, Donnerstag, 28. April 2011, 20.00 Uhr, Schlösschenkeller, wieder im Rahmen der Caveau Chanson-Reihe, und auch neu im blieskasteler Kultursortiment. Sie schreibt ihre Lieder selbst und begleitet sich am Piano.

Anzumerken wäre vielleicht, dass wir diese Chanson-Reihe der städtischen Beigeordneten Brigitte Adamek-Rinderle und ihrer Zusammenarbeit mit dem Kulturamt zu verdanken haben.
Deshalb mein kleiner Appell an alle Interessierten: geht in diese Konzerte und/oder in alle anderen Veranstaltungen, die ich hier nicht aufgezählt habe, geht in diese Konzerte, schaut und hört euch die Künstler an, manches mag zu anspruchsvoll sein, manches vielleicht zu profan, aber hört und seht, was die Leute zu bieten haben. Ich für meinen Teil bin sehr froh, dass ich die verschiedenartigsten Auftritte im blieskasteler Schlösschenkeller von Anfang an verfolgen konnte. Es würde mich selbst persönlich freuen, wenn alle Künstler vor vollem Haus spielen dürften.

Und, wie gesagt, dies sind meine Favoriten im Herbst/Winter 2010/11, ob ich dazu komme, sie allesamt besuchen zu können wird letztendlich davon abhängen, ob ich die Zeit dafür finde. Aber von diesen Konzerten träumen kann ich ja schon mal. Hoffentlich werden meine Konzertberichte überzeugen können, ich neige dazu, alles etwas schwärmerisch und überschwänglich zu sehen. Ich bitte schon im Voraus  für diesen Lapsus um Verzeihung, as you please.

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Ein blieskasteler sommer geht zu ende – oder: wie irrtuemer entstehen & zu ende gedacht werden koennen


 
Grand Hotel Tivoli im Januar 2010

 

was geschieht, wenn eine persoenlichkeit des oeffentlichen lebens stirbt? die welt geht unter, die voegel koennen vor gram nicht weitersingen? die kirchenglocken schweigen, in der blies schwimmen kleine stueckchen trauerflor?
nichts geschieht von alledem, ein halber oder ein ganzer staatsakt stehen auf dem festprogramm, weiter nichts.
was geschieht, wenn der sommer geht, leise & verstohlen, kaum spuerbar, auf den wassern der blies liegen erste gelbe blaetter beinahe regungslos, leichenstill – wie´s der herbst so will. selbst die enten sind verstummt. es liegt nicht an den bauarbeiten zum neuen kreisel, bestimmt nicht, es liegt nicht am vermummungsverbot an halloween, es liegt an der tatsache, dass das hotel tivoli verschwunden ist. frueher war es einmal das –       d   a   s    !    – grand hotel im grossraum blieskastel, wo sich die spitzenleute deutschlands & europas die klinke in die hand gaben, wurde es vor einiger zeit zu einem schatten seiner selbst – & heute ist es vom erdboden verschluckt worden. vor dreissig jahren bildete es noch den hauptbestandteil der skyline von blieskastel – heute ist es nicht einmal eine erwaehnung in den blieskasteler nachrichten wert.
der sommer in blieskastel geht auf leisen sohlen, auf sehr leisen.
kulturell, staedtekulturell, von architektonisch grosser attraktivitaet, schafften es seine besitzer seit dem jahre 1975, das hotel herunterkommen zu lassen, es diente am schluss als absteige fuer penner, katzen & graffiti-kuenstler, die ueber das „silke-ich-liebe-dich“-stadium nicht hinauskamen. aber warum sollte ein graf wie fiti sich dort auch laengere zeit aufhalten, wenn der service & der luxus des hotels den bach runtergingen!?
statt birne helene in seinen glanzeiten gab es ab januar diesen jahres die abrissbirne, auch zur mittagszeit, zum dessert. schoene neue welt. dabei sagten besucher & einheimische über das grandhotel, es waere ein echter hammer fuer diese gegend. aber der blaue himmel mag gleichgueltig dreinschauen, diese glanzzeiten sind vorbei.
es erlebte seine glanzzeit in den fuenfziger jahren des vorigen jahrhunderts. diese galante zeit nach dem krieg bildete die keimzelle fuer die darauffolgenden unruhigen jahre der wilden sechziger, sie gingen auch an blieskastel nicht vorüber. was fuer heutige zeitgenossen outrageous waere, damals war es hoechst raffinierte bohemienkultur eines wohlhabenden buergertums, das seinen hauptsitz nicht nur in webenheim, dem nachbarort, hatte, sondern ebenso sehr in diesem hauptort im saarlaendischen bliestal.
in den siebzigern wurde es zunehmend ruhiger mit dem hotelleben – die prominenz blieb aus mit den jahren, doch war es ein schleichender prozess.
& nun kommt der hammer, ist bereits gekommen. wo frueher die suiten sich aussbreiteten für die illustren gaeste in der stadt stehen heutzutage die loecher in der luft, wackelig, baufaellig, hohl & dunkel. genauso, wie die vielen zaungaeste beim abriss loecher in die luft starrten, vielleicht ein abbild dessen, was sie in jenen februar- & maerztagen bereits vorhersahen!? absperrgitter ragen wie gerasterte haizaehne vor dem auge des betrachters auf, loecher in der erde, am berghang, glotzen mit totenschaedelaugen in die gegend, die vegetation ist nahezu ausgemerzt, selbst junge birken wuchsen in den leeren augenhoehlen der glaslosen fenster, die,  eingedrueckt von wind & wetter & den gezeiten der jahreslaeufte, sich dunkel abhoben von den grauen, verwaschenen aussenwaenden. warum nur musste blieskastel den niedergang dieses grossartigen hotels erleben, konnte es nicht gerettet werden, so, wie karstadt gerettet wurde?! anscheinend nicht, hotels bringen der bundesrepublik nicht genügend steuern, seitdem die mehrwertsteuerabgaben für das hotelgewerbe halbiert wurden. aber nach dem fortbestand der staedtischen kultur, die so ueberaus wichtig ist, fragt keiner.
 dabei waere ein hotel, ein gutes, in blieskastel mehr als vonnoeten.     

    

kritische stimmen meinen, ein projekt wie das grand hotel tivoli wäre ´kalter kaffee´, doch dem mag ich einfach nicht zustimmen. schliesslich tat das hotel in seiner aufragenden gestalt ein uebriges zu dem romantischen stadtbild von blieskastel. & der satz ist wahr: dort wo grau vorherrscht, ist auch grau drin. doch: ein altersheim sollte das hotel niemals sein. dann lieber einen abriss veranstalten, der sich ueberdies auch noch sehen lassen kann. so geschehen im jahre 2010, wie man weiss. & die fotos sprechen fuer sich, wie zu sehen ist.
kritische, ja, vernichtend kritische stimmen ueber dieses noble grand hotel konnte ich bisher nicht vernehmen, dabei sollte man immer ein offenes ohr fuer solche tendenzen haben. es ist zu schade, dass eine glorreiche aera nun zu ende gehen soll, mit diesem sommer. weshalb sind die sommerenden in blieskastel nur immer so traurig? gibt es hier keine alternativen?
   

Blieskastel rocks the countryside



Einen Steinwurf weiter und wir wären in Texas gelandet – schon von weitem höre ich
Kris Kristofferson´s Loving Her Was Easier über den Marktplatz hallen, & ich beginne sogleich, als wir auf dem Gelände sind, nach Janis Joplin Ausschau zu halten, die bald darauf Me And Bobby McGhee zum besten geben könnte, aber nein, selbst Kris Kristofferson ist nicht da, & schliesslich ist es auch nicht 1970, sondern 2010, & es regnet & regnet weiter, das kann nicht Texas sein, obwohl mehr als ein paar Stetsonhüte hier zu sehen sind, Männer in lässiger Westernkluft, mit Karohemden und Blue Jeans, auch ein paar Damen bewegen sich optisch sichtlich im Südwesten der USA . Die Musik kommt von zwei Männern auf der Bühne, der eine, Berthold Neu, der Sänger, trägt seine akustische Gitarre um die Schulter wie weiland Johnny Cash es bei seinen Auftritten tat, cool, Mann, old timey cool, kann ich nur sagen! & Klaus Musseleck, der andere Gitarrist, der ab & zu Mundharmonika spielt und die zweite Stimme singt, legt sich sichtlich entspannt ins Geschirr – äh, ins Zeug. Sie nennen sich die „Old Country Blies Brothers“.
Ich traf an diesem Morgen auch einige andere old timey Leute, Charlie G, ehemaliger Drummer unserer gemeinsamen Rockband aus den Siebzigern & mein Musikkollege Uwe B, genannt Usad, mit dem ich vor ein paar Monaten ein Folk Country Duo gegründet habe, nebenbei bemerkt. Dieser ist fasziniert von den Gitarren, die Klaus Musseleck auf der Bühne verwendet. & von den Tönen einer komplett besetzten Rockabilly Band, denn Teile der Musik kommen vom Band. Er vermutet, die beiden Musiker haben den Soundtrack selber eingespielt, alles tönt glasklar aus den Boxen zu uns herüber. Trotzdem hätte ich persönlich eine komplette Band auf der Bühne vorgezogen, bin nun mal ein Live-Freak, aber wenn stimmt, was Uwe vermutet, ist dieses für eine Amateurband perfekt produzierte Band der Beiden ebenso anerkennenswert wie eine komplette Live-Gruppe. Hut ab vor dieser Arbeit.

Mir jedenfalls schmeckt das späte Frühstück, das aus gebratenen Kartoffeln & Rühreiern besteht, recht gut zum eiskalten Bier, ein paar Cowboytypen stehen vorne an der Theke bei ihrem Bier, es hätte wirklich in einer Kleinstadt irgendwo in Texas oder New Mexico sein können. Es ist toll, wie diese Genremusik Country einem die entsprechenden Bilder im Kopf herbeizaubern kann. Das Geld für das Frühstück zahle ich gerne, denn die Einnahmen fliessen allesamt dem Verein „Blieskasteler Freunde & Helfer -Schutzengel für Kinder“ zu. Am Schluss des Konzertes wird auch noch ein symbolischer Scheck der Einnahmen an den Vorsitzenden des Vereins übergeben.
Dieses Matineekonzert bildet den Abschluss des diesjährigen Biergartensommers, der von der Stadtverwaltung Blieskastel bereits zum fünften Mal veranstaltet wird. Alles in allem ein gelungener Sonntagmittag & Abschluss des blieskasteler Biergartensommers, sogar der Platzregen tanzte einen leichtfüssigen Rock and Roll im Rockabilly-Gewand – oder war´s der Country Two Step inklusive Boom Chicka Boom von Johnny Cash´s Tennesse Two!? War das alles wirklich ganz im Hier & Jetzt!?

Die raeterepublik im angelsportverein


wenn worte & saetze zusammenkommen ……. wenn saetze zu thesen werden …… wenn thesen zu doktrinen gerieren …… wenn doktrinen zu …… ja – was kaeme danach!? …. aber jetzt mal von vorne, ganz langsam, zum mitschreiben.
es gibt leute, die etwas wissen, zugegeben. & es gibt leute, die etwas besser wissen, auch zugegeben. & von diesen beiden kategorien gibt es noch welche, die alles viel besser besserwissen. sie sind altbekannt.
Nur eines wissen sie nicht, können sie nicht wissen: wie blind & taub & resistent eigener kritik gegenueber sie sind. sie haben naemlich keine, konnten sie nie entwickeln, weil ihre eigene aufgeblasene persönlichkeit ihnen selbst im wege stand.
gleichzeitig sind sie keineswegs immun gegen kritik oder gegen schärfere sachen wie häme, spott, sarkasmus, wenn sie von aussen kommen sollte. darauf reagieren sie wie auf alles eigentlich, mit unbändiger aggressivitaet & fast schon krankhafter sensibilitaet.  aber nur, weil es dabei um ihre eigene person geht.
& sie reden, sie koennen sich ausschliesslich nur selber reden hoeren, sie trinken den dicken saft ihrer eigenen worte & saetze wie nektar, & sie sind stets vernuenftig & bleiben im rahmen.
in welchem rahmen eigentlich? wie kann man im rahmen bleiben, wenn man staendig aus dem rahmen faellt?
& sie geben zu jedem senf ihre eigene wurst dazu, die wiegt selbstverstaendlich mehr als der beitrag der anderen. es sind tag- & abendfuellende zeitgenossen & -genossinnen, schliesslich haben sie ja etwas zu sagen.
noch etwas zu dem gewichtigeren teil des ganzen erscheinungsbildes: jede, aber auch jede aufgestellte behauptung oder meinung eines dritten wird in die minderwertige zone gedraengt, es wird gnadenlos so lange gegen etwas gesagtes konterkariert, bis derjenige, der es sagt, entweder aufgibt oder nach schottland emigriert & sich einem dortigen familienclan anschliesst.
& wie steht´s mit der eigenen meinung? es steht sehr gut um sie, ich kann sie beruhigen. die steht wie ´ne eins, wie ein goethegedicht im lesebuch einer 6. hauptschulklasse – oder wie schiller´s „Glocke“ („…. festgemauert in der erden ….).
oder das allgewaltige expressive auftreten des „ich-habe-recht-&-das-muss-&-wird-recht-bleiben“-gehabes bei jeder gelegenheit, sei sie auch noch so banal & unwichtig. solch ein zeitgenosse gruendet keinen biederen verein, er gruendet gleich eine raeterepublik im angelsportverein, nur um diesen nach einiger zeit beleidigt wieder zu verlassen & sich zu wundern, weshalb er nicht gut ankommt.
ich spreche beileibe nicht von mir, auch nicht von ihnen – ich spreche von leuten, die seit ihrer kindheit nur vorne im bus sitzen wollen & es auch stetig durchsetzen. sei es mit gewalt, sei es mit lauter stimme, sei es mit ohrenbetäubenden beifallserheischungen jedweder art, die sich ein individuum nur ausdenken kann.

Tagebuchblatt 7_12.08.2010


1_eine „wundervolle“ scheussliche nacht verbracht, mit schweissausbruechen, kopfschmerz & magenverstimmung aufgewacht – eigentlich nicht auf-gewacht, sondern auf-geschlagen wie ein rohes ei, so begann der morgen (wieder dieser jammerlappen!, werden meine leser jetzt sagen, aber ich erzaehle bloss, wie es war). manchmal haben die naechte tausend augen, diese jedenfalls nicht.
wie es sich anfuehlt, wenn alles verloren ist? so aehnlich wie oben, nur mit dem bewusstsein, wach & am leben zu sein. zukunft ist nicht mehr, sie ist gestorben, ebenso die alte luegnerin HOFFNUNG – eine mittlerweile abgedroschene metapher, die ich einst zu einer arge-sachbearbeiterin sagte.
was jetzt noch zaehlt? muss ich erst drueber nachdenken, habe keine vorstellungen.
ich fluechte mich in meine alten genres – beat generation, jack kerouac, allen ginsberg usw. die haben wenigstens gelebt, wie sie es wollten, auch mit geldsorgen & armut gekoppelt an den alptraum, der sich amerika & – in meinem fall – deutschland nennt. anmassung von mir!? sicherlich, anmassung von mir, mich mit den beat-autoren auf eine stufe zu stellen. aber wenn mir danach ist, sie mal wieder ins gedaechtnis zu rufen!? jetzt weiss ich zumindest, was es heisst, vogelfrei zu sein, in einer gesellschaft zu leben, die mich nicht braucht & mirnichtsdirnichts auf den muell ihrer selbst wirft. ein wunderbarer kreislauf, der nie endet. das wunder des lebens, der sinn allen seins. ich danke auch recht schoen (müsste ich das nicht an die ARGE schicken, mit ´nem schoenen gruss von mir?).

2_im november soll ich mich bei der ARGE melden – vier wochen vor dem arbeitsvertragsende. damit ich meine scherflein ab dezember fuer ein halbes jahr bekommen kann. die ARGE ist ein gefaengnis, aber ohne zellen, die angestellten, die dort arbeiten, dieses verbürokrateten, wandelnden weihrauchfahnen, sind meine vier zellenwaende – nix gegen die leutchen, aber so sieht es nun mal aus fuer mich, heute, morgen, alle Tage. der tag hat vierundzwanzig stunden, wieviele stunden hat ein gefaengnis?

3_noch bin ich nicht im gefaengnis drin, andere haben schon bessere bluesgeschichten darueber geschrieben, ich lasse es lieber sein – den ARGE-blues hat noch niemand geschrieben. kann man daraus schliessen, dass die ARGE  schlimmer als gefangnisaufenthalt ist??????
dies ist sehr sehr subjektiv, jeder empfindet anders, aber ich bin nicht jeder & empfinde nun einmal so & nicht anders.

4_meine kollegen ruehren mich fast zu traenen – so manch einer nimmt anteil & manch einer kocht ueber vor wut, weil meine situation so verzweifelt erscheint. es adelt sie. & das habe ich auch einem kollegen gestern gesagt. ein kleiner trost & der beweis, dass ich hier nicht ganz ungelitten bin. vielleicht geschieht auch noch ein wunder. wir sollten wieder mehr glauben (auweia, man merkt, dass sich meine laune bessert, es satirt beinahe wieder, weiter so, sutaio, get yer rocks off!).
—– & schon ist wieder alles verschwunden, die alte lust am fabulieren & dampfablassen, this land is my land, but it isn´t my home any more. this land is my land, but my home´s beyond the sea shore (frei nach woody guthrie, gott hab ihn selig!).

Tagebuchblatt 6_11.08.2010


wie fuehlt sich das an, ausgestossen zu werden aus einer gemeinschaft, die eh´ nicht viel fuer den naechsten uebrig hat? es fuehlt sich gar nicht gut an, kann ich nur sagen: jetzt ist es raus & amtlich, ich werde bei meinem arbeitgeber ueber das jahr 2011 hinaus nicht uebernommen, ich kann gehen, dabei habe ich meine schuldigkeit noch gar nicht getan, witzlos ists trotzdem.
es ist eine schauderhaft zynische situation: da wird man für zwei jahre eingestellt, die arbeit nimmt nicht ab, & dann kuemmert es niemanden mehr, weder ARGE noch arbeitsstelle, ob man wieder in hartz4 verfällt oder nicht, dabei sollte es doch vorrangig sein, den langzeitarbeitslosen dauerhaft in arbeit zu bringen, das recht auf arbeit in die realitaet umzusetzen.
geschissen darauf. 
ich bitte meine ordinaere ausdrucksweise an dieser stelle zu entschuldigen.
nicht zu entschuldigen ist meine ratlosigkeit, schon seit vielen monaten raubt sie mir die innere & aeussere ruhe, den so genannten seelenfrieden, der mich davon abhielte, ordinaer oder geschmacklos zu werden. oder sogar auszurasten, wie es so schoen heisst. nichts von alledem, ich bleibe ruhig & scheinbar gelassen, so, wie es jeder deutsche in solchen situationen tun wuerde, haltung bewahren & nuechtern denken.
ich bin aber kein nuechterner deutscher, ich bin kein preussischer junker, ich bin kein bairischer grossfuerst, kein badischer galan, kein saarlaendischer grossindustrieller, kein koelner jeck.
ich bin am verlieren.