Gefrorener Sommer # 1 – 3


1__es ist ein schauderhafter sommer – fehlt nur noch, dass eisschollen auf dem nahen fluss schwimmen. & hier, tief in mir drin, sind sie bereits vorhanden, die eisschollen meiner seele. sie knistern auf meiner haut, sind knackig kalt. sie flüstern mit mir, jede nacht & sogar am tag. sie wollen etwas von mir.
was käme dieser periode in meinem dasein gleich? ich habe jedenfalls keine ahnung. diese zeit ist unvergleichlich. nicht einmal mit einem gefängnisaufenthalt ist sie zu vergleichen (das schlimmste, was mir passieren könnte, nach einem totschlag).
also, was ist los?
ohne mitleid erwecken zu wollen: ich bin am ende meines weges angelangt. anders kann & will ich´s nicht ausdrücken. noch einmal: ich will kein mitleid!

noch immer suche ich nach worten, die beschreiben können, was mir derzeit passiert. die zeit meines befristeten arbeitsvertrages ist bald abgelaufen, am 30. november 2010 – dann kommt wieder & endgültig hartz iv – mein ganz persönlicher supergau. schluss. aus. 7 vorbei & 8 verweht.

2__ montag um montag, dienstag um dienstag, undsoweiter, könnte hier das gleiche stehen, steht es ja auch, warten, warten, warten. bin ich godot oder bin ich estragon!?
den namen des anderen landstreichers habe ich leider vergessen, beckett war nie so mein ding. viel lieber wäre ich der landstreicher in bob dylans song „the drifter´s escape“, der kann nämlich fliehen. wohin sagt er natürlich nicht, aber er hat endlich einen ausweg aus seiner notlage gefunden.
eine flucht kommt leider für mich nicht in frage.
eher kommt die infragestellung meiner person in frage. war das nicht schon immer der fall? seit den ersten tagen meines räudigen berufslebens bin ich im soll bei meinen mitmenschen, den eltern, kollegen, chefs, übergebenen, oberbefehlshabern & regimentsführern – wo ich nach meiner meinung überhaupt nichts zu suchen habe. aber ist es nicht seltsam, ich wurde nie nach meiner meinung gefragt, wurde nie angehört, wenn ich mit einem „vergehen“ beschuldigt wurde, das ich nicht begangen hatte. wenn sie geahnt hätten, mit welchen vergehen ich mich bei ihnen schuldig gemacht hatte!
also, ich habe auch dreck am stecken, kann mich nicht davonschleichen, muss es wohl ausbügeln.
seit diesen tagen bezeichne ich mich als nomade, einer, der ohne wirkliche heimat ist, der himmel über ihm ist sie wohl oder das schlagende herz in seiner brust. aber er wird nie so heimisch in der welt, wie es die übrigen tun, die zu seiner zeit geboren wurden.
ist dies schon ein zeichen für wertlosigkeit? mit anzeichen dieser art wurde ich schon zeit meines lebens konfrontiert. & ich hasse sie. ich suche nach wegen & auswegen, wo andere den pfad der tugenden eingeschlagen haben, schon ganz früh – heute bin ich weiterhin nomade, und ich bin´s gern. denn die nomaden sterben aus, der mensch ist endgültig sesshaft geworden, & das wird ihm letztendlich das genick brechen.

3__ subversive promiskuität – ist dies eine revolutionäre hure oder eine verhurte revolution?? manchmal staune ich über meine eigene fragestellung. wo soll denn eine revolution herkommen? & warum ist sie dann gleich so verdorben? ist revolution nicht eine veridealisierung der zukunft?
die zeichen stehen dafür jedenfalls schlecht. die armen gehen zu grunde & die reichen vermehren sich, die kriege nehmen zu & die demokratien nehmen ab. der hunger nimmt zu (haha, welch ein schöner widerspruch!) & die reichen bekommen keinen kaviar mehr.
& beim kokain soll´s ebenfalls schon engpässe in der beschaffung geben. welch eine arme, arme welt!
war das alles notwendig? könnten die grossmächte nicht einfach wieder zur tagesordnung übergehen & kultur schaffen & kulturen erhalten, nach deren gusto? es scheint nicht möglich zu sein, selbst im land der unbegrenzten möglichkeiten nicht.

die revolution findet statt – im geiste


GENAUSO WIE RACHE am besten ist, wenn sie lediglich im Geiste vollzogen wird, ist es auch mit der Revolution bestellt. Dies stammt aus dem Munde eines Resignierten, nämlich von mir. Dabei habe ich nie auf einer Barrikade gestanden, geschweige denn eine Fahne geschwenkt oder ein Transparent hochgehalten, meine Teilnahme an Demonstrationen lassen sich an fünf Fingern abzählen, auch ist mir keiner je abgeschossen worden – Woran liegt es also? Schmeckt Rache nicht trotzdem schal? – Gehört sie nicht zum unmoralischsten, was unsere saubere Gesellschaft jemals verdammt hat? & ist eine Revolution, ein Umsturz, eine gewalttätige Orientierung an etwas völlig Konfusem, Unzusammenhängenden, nicht ebenso verdammenswert & gehörte aus dem Gedächtnis eines Volkes gestrichen, das nur an die eigene persönliche Sicherheit & den Erhalt des eigenen Vermögens denken mag? So so – Ist dies nun mein amtlich beglaubigtes Armutszeugnis!? Sicher bin ich arm. & es ist ebenfalls vermessen, es auch zuzugeben. Kein Aktien-Portfolio befindet sich in meinem Besitz, auch fahre ich nicht drei- bis viermal im Jahr in Urlaub, ich habe kein Jagdgewehr & keine Angelausrüstung, obwohl ich, wenn ich jagte & angelte, meine Beutetiere aufessen würde, ich bin arm im Geiste & reich an Hungertüchern, arm an Fantasie & Lebensfreude, an Sex & Vergnügen, an Sportsgeist & an Fairness, an Klugheit & Gerissenheit, an liberalistischem Denken & moralischen, christlichen Vorstellungen. Also an fast allem, was eine Gesellschaft in Europa/Amerika heutígentags ausmacht. Was fehlt noch? Revolutionen wünschte ich mir, bin jedoch pazifistisch eingestellt, lehne jeglichen Militarismus ab – Revolutionen ohne Gewaltanwendung gibt es nicht, ich mag jedoch keine Gewaltanwendung gegenüber meinen Mitmenschen. Früher erkannte man solche Widersprüche nicht & hat die Narren, die sie laut dachten oder niederschrieben, ins Irrenhaus verfrachtet. Vielleicht sollten wieder mehr Leute ins Irrenhaus wandern, damit sie ihren Irrsinn als Widersprüche erkennen und anerkennen lernen. Vielleicht müssen wir in Europa/Amerika Dualismus ganz neu ergründen, es wäre an der Zeit. (Anmerkung: Ich bin kein Wurzelsepp oder Auswanderer, weder will ich es noch werde ich es sein, lediglich ein Suchender bin ich, der nichts finden kann in seinem Leben, ausser neuen Geheimnissen, die wiederum zu nichts anderem führen als ……..ja, was denn??) Revolutionieren ist ein klares Ziel: Umgestaltung der Gesellschaft. Gegenrevolution ist auch ein klares Ziel: Das Althergebrachte, vor allem den Besitz, das eigene Vermögen, zu erhalten. Beide Aktionen werden mit allen Mitteln erkämpft. So geschehen in der Vergangenheit. Aber ich spreche von der Gegenwart – Ist nicht die Gegenwart bereits die Gegen-Revolution? Mir wird schlecht bei dem Gedanken.

Wolf in The City, Part 1


Bis jetzt ging alles gut, scheinbar gelassen reagiert die Umwelt auf mein Unglück. Wie lange dauert es dann noch, bis es alle erfahren & mit heimlicher, kaum verhüllter Verachtung auf mich herabschauen? Das ist schon einmal geschehen, von 2002 bis 2008/09, eine lange Zeit, nicht wahr, manche Leute fragten: „Wieso kriegst du keine Stelle, was ist da los?“




Weil nix mehr los sein kann, wollte ich liebend gerne antworten. Doch ich streunte nur als Wolf durch die abendliche Stadt auf der Suche nach etwas Fressbarem, etwas, was ich mit Haut & Haaren hätte verschlingen mögen. Ein gutes Wort oder ein Mutmacher.


Die wahren Mutmacher sind weit weg, in der Tat.


Die Glücksmomente, es geschafft zu haben, wieder in Arbeit zu sein, sind ein für allemal vorüber. Die Ernüchterung schlägt auf den Magen – & obskure Schmerzen spüre ich überall am & im Körper. Es ist nicht gut, einen unvollkommenen Körper zu besitzen, & noch weniger gut ist´s, schlechte Gedanken zu denken & sie sogar noch auszusprechen.


Ich weiss nur zu genau, dass die guten Zeiten schon lange zurückliegen, die Gegenwart ist keine gute Zeit, was soll ich mit ihr anfangen?


Soll ich sie mir wegdenken, aus dem Gedächtnis bannen, einen Fluch über sie sprechen, sie zu „töten“ als versinnbildlichten Fetisch?!Es wird jeder „Greif dir mal annen Kopp!“ sagen, & sie haben recht.


Nun, dies ist eine Monographie, kein Mythos, keine Legende, eine einfache Geschichte, die kein Ende nimmt. Es ist der monotone Rhythmus einer geschichtslosen Zeit, ohne Auf & Ab, es ist nurmehr ein Ab zu registrieren –


Ich langweile meine erhabenen Leser mit meinen ängstlichen Gedanken, nicht wahr?


Verzeiht, meine Zeit ist um, es ist eine neue angebrochen, eine mit dynamischeren Egoisten, wie ich keiner bin, mit mehr Gier dahinter & noch mehr Rafflust behaftet, recht so!


Meine Güte, diese Stadt ändert sich nie, sie hat mir noch nie viel Glück gebracht, wenn ich so zurückdenke. Aber mir unnötige, quälende Fragen & Aufgaben zu stellen, dazu habe ich nicht die Kraft, es gäbe vieles aufzuklären & zu bereden – Das Gewässer ändert seinen Lauf, der See seine Ufer, das Meer seine Tiefe & Untiefe, ich lasse alles so, wie es nicht ist & nicht kommt.

25 Jahre Haus Sonne – Hoffest am 27. Juni 2010


Von Michael Marx, dem Gitarristen und Bandleader der Marx Rootschild Tillerman und Ambi-Gruppe, werde ich persönlich begrüsst, meine Anvertraute sogar mit Küsschen, so fängt diese Band reichlich vielversprechend an – Sie verbreiten Fröhlichkeit, ohne aufgesetzt zu wirken, biedern sich dem Publikum nicht an – das hört sowieso nicht richtig zu. Dafür war der Morgen an diesem 27. Juni zu schön und  friedlich, ausserdem war diese Band nicht die Hauptattraktion an diesem Tag.
Ich will die brillanten Versionen von CSNY-Songs nicht besonders hervorheben, ich will auch nicht auf die vielen Witze und Witzeleien eingehen, die, ob einstudiert oder nicht, immer unterhaltsam sind, sondern der aufkommenden Heiterkeit eine kleine Reverenz erweisen – der schönste Sonnentag seit ungezählten Wochen tat ein übriges dazu – saarländische Popmusik in Reinkultur. Vielmehr sind die Fotografien beredtes Zeugnis von diesem späten Vormittag und frühen Nachmittag.
Im Herbst 2010 soll die dritte CD ihrer Reihe vertonter deutscher Gedichte erscheinen, dies teilt mir  Michael Marx mit. Ihre Platten und CDs sammele ich seit Anfang der Achtziger Jahre. Sie haben mich selten enttäuscht.
Sind sie die beste Band aus dem Saarland?
– Ja. Sie sind es.

Tagebuchblatt_9: 16.08.2010 – Blut gerinnt nur im Wartesaal


bei meiner jetzigen arbeitsstelle auf zeit glaube ich von tag zu tag mehr, dass meine arbeit von hinten nach vorne betrieben wird. irgendwann im mai wurde mir versteckt vorgeworfen, ich hätte meine arbeit in zuvielen schritten voraus begonnen. & heute bekomme ich eine aufgabe auf den tisch, die ich idealerweise vor fünfzehn monaten hätte erledigen sollen. damals hätte ich mir eine solche aufstellung dringend gewünscht.
ist es absicht!? kann man so planlos vorgehen wollen? ich kann es nicht glauben, es ist fast surreal, wie immer, wenn eine zeit für mich zuende geht, ich komme mir dümmer vor als vor zwei jahren.
wem nützt so etwas? ich finde es suspekt, mich derartig im dunkeln im kreis laufen zu lassen & dies auch noch als lebenswichtige aufgabe zu bezeichnen (was sie so unter „lebenswichtiger aufgabe“ verstehen). an jedem tag meines bisherigen arbeitsablaufes hier bekam ich einen schalen geschmack bei den überlegungen nach dem sinn dieser arbeit, einen gebäudekataster zu erstellen.
es ist ein wartesaal, der einhundert kilometer lang & 20 kilometer breit ist. kein spiegel, keine lautsprecheranlage, keine türen, nur fenster, raumhoch & mit halbblinden scheiben versehen, ich sehe keinen ausgang, keine lichter, ausser dem fahlen tageslicht, alles ist in grau-weissen farben gehalten, auch das licht. geräusche von fahrenden zügen, die von dampflokomotiven gezogen werden, dringen hier herein, wie aus einer anderen zeit. & zu allem überdruss bin ich noch verletzt & blute unaufhörlich – & ich warte, dass das blut hier drin endlich gerinnen wird.

Tagebuchblatt 8_16.08.2010 – Gefrorener Sommer


Dies ist der kälteste Sommer seit der letzten Eiszeit. Jedenfalls in meinem Umkreis von einem bis eineinhalb Quadratmetern. Nach der Trauer kommt die Wut, bekanntermaßen – bei mir kommt sie immer ein bisschen später, aber sie ist jetzt da. Meine Stelle ist futsch, mir winkt Hartz IV, es ist schrecklich, nur daran zu denken. Es ist die Einsamkeit, die mich erwartet. Kennt die jemand? Die Blindheit, die mich umgibt. Sieht die noch jemand  ausser mir?
Jetzt spüre ich meine Unfähigkeit, meine Ohnmacht, die Hoffnungslosigkeit wieder herankriechen wie Ungeziefer. Masken umgeben mich, Masken, hinter denen sich der blanke Hohn verbirgt. Auf keinen Fall die wahren Gesichter & Absichten der Verantwortlichen, die kennt keiner, die sind in Zahlen, Summen & Bankguthaben versteckt.
Ich habe es voraussehen können, es gab Warnzeichen genug, aber es gab auch immer den Zuspruch, die Hoffnung nicht zu verlieren, obwohl ich weiss, was von solchen „Zusprüchen“ zu halten ist. Es ist die reine Hölle. Wenn du nicht hoffst, dann bist du als Pessimist & Schwarzseher, als Negativling, angesehen. & Negatives gilt nicht in unserer Gesellschaftsrunde – Es soll immer positiv gedacht werden. Sagen Sie das mal einem Hartz IVer, der an der Tafel oder vor der ARGE Schlange stehen muss. Mir schnürt sich bei dem Gedanken die Luft ab.

Tagebuchblatt 7_12.08.2010


1_eine „wundervolle“ scheussliche nacht verbracht, mit schweissausbruechen, kopfschmerz & magenverstimmung aufgewacht – eigentlich nicht auf-gewacht, sondern auf-geschlagen wie ein rohes ei, so begann der morgen (wieder dieser jammerlappen!, werden meine leser jetzt sagen, aber ich erzaehle bloss, wie es war). manchmal haben die naechte tausend augen, diese jedenfalls nicht.
wie es sich anfuehlt, wenn alles verloren ist? so aehnlich wie oben, nur mit dem bewusstsein, wach & am leben zu sein. zukunft ist nicht mehr, sie ist gestorben, ebenso die alte luegnerin HOFFNUNG – eine mittlerweile abgedroschene metapher, die ich einst zu einer arge-sachbearbeiterin sagte.
was jetzt noch zaehlt? muss ich erst drueber nachdenken, habe keine vorstellungen.
ich fluechte mich in meine alten genres – beat generation, jack kerouac, allen ginsberg usw. die haben wenigstens gelebt, wie sie es wollten, auch mit geldsorgen & armut gekoppelt an den alptraum, der sich amerika & – in meinem fall – deutschland nennt. anmassung von mir!? sicherlich, anmassung von mir, mich mit den beat-autoren auf eine stufe zu stellen. aber wenn mir danach ist, sie mal wieder ins gedaechtnis zu rufen!? jetzt weiss ich zumindest, was es heisst, vogelfrei zu sein, in einer gesellschaft zu leben, die mich nicht braucht & mirnichtsdirnichts auf den muell ihrer selbst wirft. ein wunderbarer kreislauf, der nie endet. das wunder des lebens, der sinn allen seins. ich danke auch recht schoen (müsste ich das nicht an die ARGE schicken, mit ´nem schoenen gruss von mir?).

2_im november soll ich mich bei der ARGE melden – vier wochen vor dem arbeitsvertragsende. damit ich meine scherflein ab dezember fuer ein halbes jahr bekommen kann. die ARGE ist ein gefaengnis, aber ohne zellen, die angestellten, die dort arbeiten, dieses verbürokrateten, wandelnden weihrauchfahnen, sind meine vier zellenwaende – nix gegen die leutchen, aber so sieht es nun mal aus fuer mich, heute, morgen, alle Tage. der tag hat vierundzwanzig stunden, wieviele stunden hat ein gefaengnis?

3_noch bin ich nicht im gefaengnis drin, andere haben schon bessere bluesgeschichten darueber geschrieben, ich lasse es lieber sein – den ARGE-blues hat noch niemand geschrieben. kann man daraus schliessen, dass die ARGE  schlimmer als gefangnisaufenthalt ist??????
dies ist sehr sehr subjektiv, jeder empfindet anders, aber ich bin nicht jeder & empfinde nun einmal so & nicht anders.

4_meine kollegen ruehren mich fast zu traenen – so manch einer nimmt anteil & manch einer kocht ueber vor wut, weil meine situation so verzweifelt erscheint. es adelt sie. & das habe ich auch einem kollegen gestern gesagt. ein kleiner trost & der beweis, dass ich hier nicht ganz ungelitten bin. vielleicht geschieht auch noch ein wunder. wir sollten wieder mehr glauben (auweia, man merkt, dass sich meine laune bessert, es satirt beinahe wieder, weiter so, sutaio, get yer rocks off!).
—– & schon ist wieder alles verschwunden, die alte lust am fabulieren & dampfablassen, this land is my land, but it isn´t my home any more. this land is my land, but my home´s beyond the sea shore (frei nach woody guthrie, gott hab ihn selig!).

Tagebuchblatt


1_eine „wundervolle“ scheussliche nacht verbracht, mit schweissausbruechen, kopfschmerz & magenverstimmung aufgewacht – eigentlich nicht auf-gewacht, sondern auf-geschlagen wie ein rohes ei, so begann der morgen (wieder dieser jammerlappen!, werden meine leser jetzt sagen, aber ich erzaehle bloss, wie es war). manchmal haben die naechte tausend augen, diese jedenfalls nicht.

wie es sich anfuehlt, wenn alles verloren ist? so aehnlich wie oben, nur mit dem bewusstsein, wach & am leben zu sein. zukunft ist nicht mehr, sie ist gestorben, ebenso die alte luegnerin HOFFNUNG – eine mittlerweile abgedroschene metapher, die ich einst zu einer arge-sachbearbeiterin sagte.

was jetzt noch zaehlt? muss ich erst drueber nachdenken, habe keine vorstellungen.

ich fluechte mich in meine alten genres – beat generation, jack kerouac, allen ginsberg usw. die haben wenigstens gelebt, wie sie es wollten, auch mit geldsorgen & armut gekoppelt an den alptraum, der sich amerika & – in meinem fall – deutschland nennt. anmassung von mir!? sicherlich, anmassung von mir, mich mit den beat-autoren auf eine stufe zu stellen. aber wenn mir danach ist, sie mal wieder ins gedaechtnis zu rufen!? jetzt weiss ich zumindest, was es heisst, vogelfrei zu sein, in einer gesellschaft zu leben, die mich nicht braucht & mirnichtsdirnichts auf den muell ihrer selbst wirft. ein wunderbarer kreislauf, der nie endet. das wunder des lebens, der sinn allen seins. ich danke auch recht schoen (müsste ich das nicht an die ARGE schicken, mit ´nem schoenen gruss von mir?).

2_im november soll ich mich bei der ARGE melden – vier wochen vor dem arbeitsvertragsende. damit ich meine scherflein ab dezember fuer ein halbes jahr bekommen kann. die ARGE ist ein gefaengnis, aber ohne zellen, die angestellten, die dort arbeiten, dieses verbürokrateten, wandelnden weihrauchfahnen, sind meine vier zellenwaende – nix gegen die leutchen, aber so sieht es nun mal aus fuer mich, heute, morgen, alle Tage. der tag hat vierundzwanzig stunden, wieviele stunden hat ein gefaengnis?

3_noch bin ich nicht im gefaengnis drin, andere haben schon bessere bluesgeschichten darueber geschrieben, ich lasse es lieber sein – den ARGE-blues hat noch niemand geschrieben. kann man daraus schliessen, dass die ARGE schlimmer als gefangnisaufenthalt ist??????

dies ist sehr sehr subjektiv, jeder empfindet anders, aber ich bin nicht jeder & empfinde nun einmal so & nicht anders.

4_meine kollegen ruehren mich fast zu traenen – so manch einer nimmt anteil & manch einer kocht ueber vor wut, weil meine situation so verzweifelt erscheint. es adelt sie. & das habe ich auch einem kollegen gestern gesagt. ein kleiner trost & der beweis, dass ich hier nicht ganz ungelitten bin. vielleicht geschieht auch noch ein wunder. wir sollten wieder mehr glauben (auweia, man merkt, dass sich meine laune bessert, es satirt beinahe wieder, weiter so, sutaio, get yer rocks off!).

—– & schon ist wieder alles verschwunden, die alte lust am fabulieren & dampfablassen, this land is my land, but it isn´t my home any more. this land is my land, but my home´s beyond the sea shore (frei nach woody guthrie, gott hab ihn selig!).

Tagebuchblatt 6_11.08.2010


wie fuehlt sich das an, ausgestossen zu werden aus einer gemeinschaft, die eh´ nicht viel fuer den naechsten uebrig hat? es fuehlt sich gar nicht gut an, kann ich nur sagen: jetzt ist es raus & amtlich, ich werde bei meinem arbeitgeber ueber das jahr 2011 hinaus nicht uebernommen, ich kann gehen, dabei habe ich meine schuldigkeit noch gar nicht getan, witzlos ists trotzdem.
es ist eine schauderhaft zynische situation: da wird man für zwei jahre eingestellt, die arbeit nimmt nicht ab, & dann kuemmert es niemanden mehr, weder ARGE noch arbeitsstelle, ob man wieder in hartz4 verfällt oder nicht, dabei sollte es doch vorrangig sein, den langzeitarbeitslosen dauerhaft in arbeit zu bringen, das recht auf arbeit in die realitaet umzusetzen.
geschissen darauf. 
ich bitte meine ordinaere ausdrucksweise an dieser stelle zu entschuldigen.
nicht zu entschuldigen ist meine ratlosigkeit, schon seit vielen monaten raubt sie mir die innere & aeussere ruhe, den so genannten seelenfrieden, der mich davon abhielte, ordinaer oder geschmacklos zu werden. oder sogar auszurasten, wie es so schoen heisst. nichts von alledem, ich bleibe ruhig & scheinbar gelassen, so, wie es jeder deutsche in solchen situationen tun wuerde, haltung bewahren & nuechtern denken.
ich bin aber kein nuechterner deutscher, ich bin kein preussischer junker, ich bin kein bairischer grossfuerst, kein badischer galan, kein saarlaendischer grossindustrieller, kein koelner jeck.
ich bin am verlieren.

Interview mit Frau Doktor Kratzberger von der ARGE in H………/Saar


„Fiktion soll unterhalten, nicht die Wahrheit sagen.“ (Karl Napp, Erfinder der brotlosen Brotsuppe, 1799 – 1901)

Frau Doktor Ingrid Kratzberger *), hier kurz DRIK genannt, die stellvertretende Leiterin der ARGE Homburg, sitzt mir gegenüber und ist an diesem Morgen einfach nur charmant. Ihre stechenden grauen Augen passen gut zu ihrer überaus straff sitzenden Offiziersuniform. Lässig baumeln an ihrer rechten und linken Hüfte Schlagstock und Maschinenpistole.
Obwohl das Thema, das ich mit ihr behandeln will, weniger charmant ausfällt. Mein Name ist Philipp Sutaio, abgekürzt in diesem Interview mit „S“. Ich bin Journalist in eigener Sache & frei schaffend seit 1999.

Nachstehend das Interview vom  26. Juli 2010:
DRIK: Für wen schreiben Sie eigentlich, Sie haben sich gar nicht vorgestellt!?
S: Nun, ich bin ein indianischer Journalist vom Volk der Tsistsistas aus Casper, Wyoming, und ….. Ääh, darf ich die Fragen jetzt stellen?
DRIK: Fragen Sie nur. (Sie bläst nachlässig Zigarillorauch in die Luft, ihr Büro ist zugequalmt).
S: Was ist Ihrer Meinung nach ein so genannter HartzVierer?
DRIK: Adel verzichtet. Aber ganz im Ernst, eine solche Frage habe ich mir selbst noch gar nicht gestellt. Wir bearbeiten hier nur Anträge auf Hartz IV. Ist das etwa eine neue Hunderasse?
S: Wenn sie so wollen. Sie gehören zur Art der armen Hunde. Schon davon gehört?
DRIK: Nein.
S: Haben Sie nie gehört, dass die Deutschen immer ärmer werden, dass die Kluft zwischen Arm & Reich seit der Einführung von Hartz Vier immer grösser wird ?
DRIK: Wenn sie kein Geld für Brot haben, sollen sie halt Kuchen essen. 
S: Frau Dr. Kratzberger, dieses Argument habe ich schon einmal gelesen – Es stammt von Ludwig XVI., warum wollen Sie dieses wiederholen? Sind die Zeiten wieder so erbärmlich geworden?
DRIK: Sicher, aber das kratzt mich nicht im geringsten.
S: Wie würden Sie Ihre jetzige Arbeit selber beurteilen, sind Sie erfolgreich in Ihren Methoden,  die Arbeitslosigkeit zu verringern oder sehen Sie die Projekte als gescheitert an?
DRIK: Wir sind überaus erfolgreich, das kann ich mit Fug & Recht behaupten. Niemand muckt hier auf. Alle können tun & lassen, was ich ihnen sage. & die Untergebenen, äh, die Kunden, die sind dankbar bis ins letzte Glied. Wenn´s dann noch heil ist …..
S: Was müsste Ihrer Meinung nach an dem Handling von Hartz 4 verbessert werden?
DRIK: Es müssten viel mehr kompetente Mitarbeiter dabei sein, die engagierter an die Sache herangingen. Das wünsche ich mir.
S: & weshalb wird es nicht verwirklicht hier in der Stadt H …..?
DRIK: Es kann jeder tun & lassen, wie ich es sage.
S: Wie sieht die Betreuung & Vermittlung ihrer „Kunden“ aus, mit welchem Erfolg rechnen Sie dabei in diesem Jahr?
DRIK: Nun, da draussen im Arbeitslager ist alles ruhig – Wenn Sie wissen, was ich meine. Der Letzte, der protestieren wollte, ist leider nicht mehr hier.
S: Hat er eine Arbeitsstelle bekommen?
DRIK: Nein, mit dem wurde nur noch intensiver gearbeitet. Eigentlich bedauernswert, die Leute halten einfach nichts mehr aus.
S: Warum tragen Sie eigentlich Waffen?
DRIK: Weil ich mich sonst nackt fühlen würde. Wissen Sie, das stammt noch aus meiner Zeit bei der CIA, da war ich als Terminator tätig in ……
S: Frau Dr. Kratzberger, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

 

 

 

 

 

 

*) – das Interview fand nie statt & wird es auch nicht in Zukunft, alles ist nur fake – allein hartz Vier ist nicht geschwindelt, sondern knallharte ungerechte deutschland-realitaet!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Macht das Leben Sinn?


Macht das Leben Sinn? Jeder Mensch stellt sich die Frage. Sicher. Ich auch, ständig. Ja, wirklich, eigentlich ständig. Philosophen auf der ganzen Welt gehen dieser Frage seit Menschengedenken nach. Die Frage ist vielleicht, macht überhaupt die Frage nach dem Sinn als Frage Sinn? Hm. Religionen geben manchmal in solchen Angelegenheiten Hilfe. Auch die Zeugen Jehovas haben sich darüber schon Gedanken gemacht. Klar. Nicht dass ich etwas gegen Zeugen Jehovas hätte, das will ich gleich mal vorweg schicken. Aber sie klingeln manchmal an der Haustür und wollen dann mit einem diskutieren. Zum Beispiel über den Sinn des Lebens, ja! Als ob man das gerade so im Stehen beantworten könnte! Irgendwann wurde ich das wirklich mal gefragt, von 2 Zeugen Jehovas. Sie kommen immer zu zweit, warum eigentlich? Na ja, auf jeden Fall habe ich die Tür geöffnet, nach dem Klingeln. Tja nun stehen Sie da, Wachtürme auf dem Arm, „Sinn des Lebens? Schon mal Gedanken gemacht?“. Ja klar, ich esse gerade ein Leberwurstbrot. Das ist sinnvoll. Zumindest für mich jetzt. „Nee mal im Ernst“. Ja klar, im Ernst. „Überhaupt“, frage ich die Zwei: „ Welchen Sinn hat ein Igel?“ „Wenn er totgefahren wird, kommt der in den Himmel?“ . „Nein, natürlich nicht“. Ich merke schon, die beiden haben auf alles eine Antwort, wahrscheinlich Training, jahrelang. „Warum?“ frage ich, „was ist an einem Igel anders als am Menschen“? Den 1/4-stündigen Monolog des dicken Zeugen spare ich mir. „Na gut“ sage ich, „geben Sie mir den Wachturm, ich überdenke das“. Fehler. Eindeutig. „Schönen Tag noch!“. Mir ist klar, Sie kommen wieder. So friedlich, irgendwie auch unheimlich. In Indien gibt es solche Probleme nicht, dafür andere. Tja, so ist die Welt, manchmal völlig sinnlos.

Von Baganand Usadh Sadhu

Feierabend


Habt ihr das auch schon mal gehabt? Kaum ist man der Tretmühle entronnen, kommt die Müdigkeit bereits beim Öffnen der Wohnungstür, man will nur noch schlafen.

Die Krähen im Garten sind verstummt, nur eine einsame Amsel pfeift auf den Abend, der sich träge dahinschleicht, weil keine Gewitter aufkommen wollen.

So ist mein Abend, mein Feierabend heute. Nicht dass ich traurig bin, aber die Zeiten ändern sich, auch hier in meinem Ort.

Morgen ist ein Feiertag, ich werde ihn kaum wahrnehmen, werde alleine sein und schreiben, werde dem Rosmarin auf der Fensterbank übers grüne Haar streichen und an meiner Hand riechen, den Süden, die Provence vielleicht, kosten und an die Aufenthalte dort zurückdenken.

Wenn Robespierre mein Lehrer wär


Meine grossen Vorbilder Willy Brandt und Carlo Schmid sind lange tot – seitdem gibt’s keine Vorbilder mehr für mich. Schröder und Joschka Fischer haben mich dermassen enttäuscht, dass ich am liebsten in den Boden versinken möchte, weil ich ihnen damals, 1998 bis 2002, nachgelaufen bin. Und Lafontaine, nun ja, einstmals als saarländische Hoffnung in Berlin gerühmt und angebetet, ist aussen vor.

Also greife ich resignierend auf die Vergangenheit zurück. Als es in Frankreich und dem übrigen Europa noch keine Demokratien gab, wie wir sie heute kennen – das 18. Jahrhundert war eine Ära der Aufklärung, so hat es in den Geschichtsbüchern gestanden, und der Höhepunkt dieser Ära war sicherlich die Französische Revolution.
Und was mich am meisten an ihr fasziniert ist die Zeit der Schreckensherrschaft, dem so genannten Terreur, er dauerte von Juni 1793 bis Juli 1794 – in dieser Zeit fielen mehr Köpfe unter der Gilloutine als man Pflastersteine auf den pariser Strassen zählen konnte. Könnte man dies nicht auch in unsere Zeiten übertragen?!

Aber – Wir haben keine Pflastersteine mehr. Und unterm Pflaster liegt auch nicht der Strand, wie uns die 68iger Damen und Herren einst weismachen wollten.

Aber träumen darf ich doch, oder!?

Wenn Robespierre mein Lehrer wär´, so wäre ich sein gelehriger Schüler – Ich wäre der eifrigste und ehrgeizigste Eleve im Fach Köpfe-Abschlagen, sässe in der ersten Reihe und würde den Lehrer mit meinen notorischen Vorschlägen nerven bis auf´s – nein, nicht bis auf´s Fallbeil – aber bis auf´s Blut.

Stellt euch nur mal vor, die ganzen Großkopfeten der vergangenen 20 Jahre würden kopflos, im blutigen Armesünder-Hemd, in eine Grube mit ungelöschtem Kalk geworfen werden, damit ihre Körper schnellstmöglich vergingen – Es sollte keine Spur bleiben von ihnen, damit man nie Denkmäler über ihren Gräbern aufstellen könnte.

Und welches wären meine Getreuen, die Helfershelfer, die Terreur-Mitarbeiter, der Gilloutine-Staff?! Die Henkersmahlzeit-Köche, all die vielen willigen Gleichmacher, die plötzlich, wie aus dem Boden aufgestiegen, neben mir stünden, säbel- und gewehreschwingend?! Es wären die Hartz-IVer, die Obdachlosen, die Arbeitslosen, die Mordverdächtigen, die Irren, die Zukurzgekommenen, die Mädchen mit den Schwefelhölzern, die Ketzer, die Indianer, die Schwarzafrikaner und die Asiaten, die rothaarigen Frauen und die Bundschuhfahnenträger –

Die RAF, wenn es sie noch gäbe, oder die Taliban, hätten nichts mehr zu tun, wenn Robespierre mein Lehrer wär´.

Verschwörer, aufgepasst!


Verschwörer aller Länder aufgepasst!
Schwört, dass ihr bei der Wahrheit bleibt, wenn ihr Verschwörungstheorien aufstellt & verbreitet. Leistet euren Rütlischwur mit geöffnetem Herzen, ehrlich, sinnfrei, ohne Gedanken & ohne Verstand. Ich bitte euch von ganzem Herzen darum, die Zeitläufte verlangen es. In fast jeder Ära gab es euch, darauf könnt ihr stolz sein. Jedes staatliche Geheimnis provoziert ein Gegengeheimnis, das ist ein Gesetz (von wem erfunden weiss ich nicht), also, bitte, haltet euch auch zukünftig daran. Le monde ridicule wird es euch fürderhin danken, denn sie hat euch ihre Existenzgrundlage zu verdanken. & falls ihr der Meinung seid, euch würden die Ideen ausgehen, hier noch einige Vorschläge, wie zukünftige Verschwörungstheorien ausschauen könnten:

– die USA gehen pleite, weil McDonald´s statt Rindfleisch künstlich geräucherten Tofuquark verwendet.
– Eva Hermann mit Ausserirdischen in Verbindung steht.
– Deutschland den 3. Weltkrieg provoziert, weil es an den beiden vorangegangenen immer noch nicht kaputtgegangen ist.
– der Mars in circa 2 Jahren auf die Erde stürzen wird, weil dieser keinen sinn im kriegeanzetteln sieht.
– Frankreich & die bundesdeutsche Regierung produzieren keinen Käse mehr (dies wäre wirklich (!!!) eine Katastrophe. Wer hat dies heraufbeschworen? Wenn ich den erwische!!!!!).
– die Loveparade in Wahrheit eine Hateparade ist, vor allen anderen angeführt von Dieter Thomas Heck.
– Präsident Obama in Wahrheit ein traditioneller Indianer ist, der seine Skalpsammung dem Smithsonian Institute vermachen will.
– Kuba eine getarnte Bohrinsel der Engländer ist.

Es gäbe noch weitere Verschwörungen heraufzubeschwören, darauf leiste ich jeden Meineid. Wisst ihr eigentlich, warum es „Meineid“ heisst? Weil es nicht eurer ist.

Diary_5 – 02. August 2010


1_ …. nimmermehr muede sein, nimmermehr traurig – es waere schoen, ein gluecklicher mensch zu sein, warum modert´s nur so stark um mich her, sind es meine fragen an das leben, die hier verwesen sollen, weil ich´s nicht schaffe, das leben selbst zu entraetseln? die tueren stehen auf, sogar die fenster, frische luft stroemt massenweise, nur mich erreicht nichts davon – ausser muedigkeit & schlafwille, der nicht aufhoert. das leben denkt nicht an mich, wann habe ich das wohl begriffen? 1967? oder spaeter? dass dieser satz, ob damals erfunden oder soeben, voelliger bloedsinn ist, muss wohl jedem einleuchten, der ein bisschen verstand sein eigen nennt.
weshalb weicht diese muedigkeit nicht, weshalb nur bin ich traurig wie noch nie, obwohl ich doch jemanden fand, der das leben mit mir teilen will – zwar auf verschiedenen ebenen, aber immerhin ……
letzte worte, geschriebene todesweihe, mit schwarzer tinte, melancholien der niederschrift, assoziationen in schwarzweiss, kreuze, halbmonde und yinyang-windspiele – leicht gelangweilte naehe zum sterben ist das alles nicht. eher spiel mit dem dasein, kein kriegsspiel, keine politik, es ist ein unbekanntes spiel, etwas, das nicht aufhoeren kann.
menschendasein ist kein universum, menschenschicksale sind keine spielereien – wir sind so mittendrin im geschehen, meinen aber, wir seien der mittelpunkt – was niemals der fall war.  gaebe es goetter, sie wuerden jetzt in lachen ausbrechen. ueberlassen wir das getrost den menschen.
nie wieder muedigkteit, nie wieder melancholie – bei letzterem bin ich mir nicht sicher, doch die muedigkeit sollte ruhig weichen – wär´ ein guter vorsatz fuer den monat august im jahre 2010. & somit möge der monat beginnen.

2_  unglueck & pech sollen mir folgen mein leben lang – ein schoener vorsatz, leider ist er nicht von mir. immer dann, wenn der august beginnt, besser gesagt ist es der 4. tag dieses monats, denke ich an den morgen des 4. augusts 1969, als ich mit meinem fahrrad zum ersten tag meiner lehrzeit aufbrach. es war eine strecke von circa 5 kilometern, ich wusste nichts darueber, was mich erwartete, ich war noch ganz schueler & noch keine fuenfzehn jahre alt – noch keine drei wochen vorher wurde ich erfolgreich aus der hauptschule entlassen, mit grossem brimborium, unser ehemaliger hauptschullehrer entliess uns in die harte arbeitswelt mit einem zeugnis, das damals noch ein bisschen was galt.
ich wollte geborgen bleiben im gewohnten, jedenfalls fuer eine kurze zeit noch, man entliess mich daraus ohne gnade – ich wurde ins unbekannte gestossen, ein jahr spaeter fiel ich in ungnade, machte mich unbeliebt in familie & firma, es ist alles wohl bekannt – sicher verwahrt in den annalen meines ungluecks, & meine unsicherheit damals wie heute spiegelt sich in meinem selbstmitleid wider. diese graue zeit hat sich tief in mein gedaechtnis gegraben. seitdem stehe ich auf kriegsfuss mit allen ernannten &/oder selbsternannten unterdrueckern dieser welt, dieses landes, dieses landstrichs, dieser stadt & dieser staette, in vergangenheit & gegenwart.

3_ … soll dies der ursprung meiner melancholien sein? es gab sicher noch andere ursachen, doch diese war in der tat einschneidend. ich lernte in diesen ersten tagen meiner lehrzeit den zynismus erwachsener kennen, die gemeinheiten, die sich chefs ihren mitarbeitern gegenueber erlauben, weil sie sich selbst als höherstehend einstufen auf grund ihrer „besser“ gestellten position/en – ich danke auch sehr! –  lernte die herablassende haltung weiblicher kolleginnen kennen, die in mir nur das buebchen sahen, keinerlei vertrauen in mich setzten, weil ich nicht so funktionierte wie sie, lernte die perfidie aelterer lehrlinge kennen, die die erklaerten lieblinge des chefehepaares waren – einerseits die bittere behandlung hier, fuer mich, andererseits die suesse wonne des anderen bevorteilten erfahrend – wie schoen es ist, einaeugig zu sein ohne zu stolpern!
unausloeschbar sind diese gegensaetze – wie auch, sie aehneln  & wiederholen sich bis zum heutigen tag. eine seltsame auszeichnung, fuerwahr. sie wiederholen sich auch im privaten. ausgesetzt auf den bergen des hasses kann ich mich ueber solch „schoene aussichten“ nicht beklagen.
4_  schwamm drueber!? ich will nichts vergessen, weil ich daraus lernen moechte. das sage ich ohne bitterkeit.

diary 2_26.07.2010


Mein Betreuer vom Landkreis war heute bei mir. Er hatte keine guten und keine schlechten Nachrichten für mich, ich konnte ihm auch nur den status quo der letzten Wochen und Monate berichten – lang ist der Weg durch die Hoffnungslosigkeit. Er will mir Mut machen, aber ihm wird es nicht gelingen. Es gibt keinen Ausweg, es muss zu Ende gegangen sein, mein Arbeitsvertrag endet am 30. November dieses Jahres. Dann kann ich einen neuen Blog öffnen, Die Hartz4-Zeit eines Mittfünfziger Alteisenteils. Vielleicht finde ich noch einen sarkastischeren Titel.
Eine sichere Zukunft habe ich nie wieder, also kann ich sie auch voll ausnutzen. Aber wie die aussieht, das kann ich mir nicht ausmalen. Es wird allmählich sauspannend. Ein hartz4-Krimi, mit offenem Ausgang, ha ha.
Nicht viel in meinem Leben ist so eingetroffen, wie ich es geplant oder erhofft, herbeigebetet habe. Meistens das letztere tat ich, denn einen Plan gab es nicht. Es ist einerlei, ich wollte fast zu keiner Zeit einen ausarbeiten, was meine zukunft betraf. Nun brauche ich womöglich keinen mehr. Der Zug ist abgefahren, die Gleise werden bald stillgelegt, vielleicht sogar abgerissen.