Maximalanspruch – entnommen aus der Site „Monologe“, Autor ist „Monologe“


Das Urteil nach Prozess gegen einen ganz offiziell als „Neonazi“ bezeichneten Irgendwer, der einem Balletttänzer einen Faustschlag versetzt hat, wovon dieser auf einem Ohr ertaubte, sein Gleichgewicht nicht mehr im Stande ist zu halten sowie also seinen Beruf auszuüben, wurde gesprochen: Zwei Jahre Haft und 20 000 Euro Schmerzensgeld. Einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente, so wurde mitgeteilt, habe der Balletttänzer jedoch nicht, weil der Ge … Read More

via MonoLoge

FRISCHES WASSER AUS ALTEN BRUNNEN


wie schoen fuer die anwesenden mimbacher, wir wurden von der oekumenisch-katholischen seite mit frischem weihwasser besprengt, der Exbrunnen, die zierde unseres dorfes ausserhalb davon, wurde am samstag, dem 7. mai 2011, neu eingeweiht, eine renovierung war bitter notwendig. ich liess es gerne auch fuer mich gelten, stammte das weihwasser doch aus dem brunnen, an dem sich viele mimbacher & gaeste zu dessen neueinweihung versammelt hatten. niemand sprach grossartige saetze, weder politiker noch die beiden geistlichen der evangelischen & katholischen sparte, aber mir war dennoch feierlich zu mute, vielleicht gerade deshalb.
halt, da gab es doch einen denkwuerdigen kommentar eines juengeren mimbachers. auf meine nachdenkliche bemerkung, „mann, was haben wir hier weggeraucht & weggetrunken, uns ganze naechte um die ohren gehauen & den maedchen hinterhergelechzt ….“, meinte er nur: „…. & gefickt, was das zeug hielt!“

es ist in der tat ein weltlicher platz, ohne historischen hintergrund, ausser, dass der brunnen nunmehr einhundert jahre steht, niemand beruehmtes ist hier geboren, niemand ist hier gestorben. & zum glueck hat ihn in der vergangenheit auch niemand entweiht, wie so viele andere plaetze hier in der gegend. nur der lauf des wassers ist hier zu sehen & zu hoeren, & wenn das spektakel vorueber ist, kehrt wieder die ruhe ein, begleitet nur vom rauschen des brunnens. spaziergaenger & radfahrer werden wieder hier rasten, vielleicht ein paar schlucke von dem wasser trinken & bald weiterziehen. ein friedlicher ort, wie es der evangelische pfarrer ausdrueckte. er ist kein denkmal fuer tote oder lebende dichter, soldaten, politiker, keine geologische besonderheit, er ist nur ein brunnen fuer die menschen & tiere, die hier vorbeikommen. ich habe allerdings noch keinen hirschen aus dieser quelle trinken sehen, geschweige denn einen fuchs. 

ich glaube, es gibt hier bei uns gar keine hirsche.

aber es gibt die menschen, die ich kenne, obwohl ich an diesem abend so meine schwierigkeiten mit dem wiederkennen von mimbachern hatte, es sind viele fremde gesichter darunter. wohl auch ein zeichen der zeit, die nicht spurlos an den einwohnern mimbachs voruebergeht. 

& um die erinnerung an den altehrwuerdigen platz nicht zu verwischen loesche ich zuhause alle meine fotos, die ich mit der digitalcamera machte, vielleicht das sentimentalste, was ich tun konnte.

WILDNIS IM HERZEN


Muss ich eigentlich zivilisiert sein in unseren zeiten, die sich alles andere als zivilisiert erwiesen? ja, muss ich wohl. die moral verlangt es von mir. & von dir auch – & auch von dir da drueben! keine widerrede!
manchmal macht es direkt spass, ein moderner mensch zu sein im 21. jahrhundert – aber wie sehen die tage aus, wenn es keinen spass macht ….? 

ich fuer meinen teil behalte mir da die naechte vor, dann sind alle menschen ein bisschen anders als am helllichten tag – jeder traegt seine dunkle seite mit sich herum, jeder will sie vor dem anderen verstecken, geheim halten – manchem gelingt es, dem einen oder anderen wiederum nicht.

wie sehen die tage aus?

muehsam den tag, den morgen beginnen? o ja. der kaffee ist zu schwarz geraten, er schmeckt bitter trotz der milch in der tasse, die schwarze katze des nachbarn ist gestorben & erscheint am anderen morgen vor deiner haustuer – du gehst jeden tag auf den friedhof, weil alle bewohner im dorf ohne ersichtlichen grund wegsterben. an jedem morgen, obwohl du urlaub oder einen krankenschein hast, flattert dir die kuendigung deines arbeitgebers ins haus, ein schwarz umrandeter brief wie bei einer todesnachricht – was geschieht mit dir?

du hast depressionen, du idiot!

deine taeglichen visionen sind fuer die katz, denkst du, sie liegen auf der strasse, sichtbar fuer jedermann, & keiner beachtet sie sonderlich.du bist ein niemand – & kein schwein ruft dich an oder kuemmert sich um dich. wie soll es mit dir weitergehen?!
siehst du, so viele fragen – aber beeile dich nicht mit den antworten, es wird dir nichts helfen, wenn du sie zu schnell kennst.

die zeit, die dir bleiben wird, rennt durchs stundenglas. oder bist du etwa auf der flucht vor dir selber? waere doch schoen, wenn man sich selbst immer um eine nasenlaenge ueberholen koennte.

 



STADTFEST # 34 IM JAHRE 2011


Als philipp sutaio erstmals hier in blieskastel auf dem stadtfest war, sagte er zu mir: „gibt es hier irgendwo ´ne kneipe, wo man abhaengen kann, mister? ich habe den trubel hier satt, komme gerade aus london, weisst du, zuviele menschen ….“

damals gab es diese abhaengkneipen noch, das war 1982, sie hiess „Funz´l“ & war so etwas wie ´ne rock- & jugendkneipe – lange vorbei, leider. das mit der jugend klappt auch nicht mehr so richtig im jahr 2011. die ist auch schon lange perdu. das ist die kehrseite des abgeklaertseins: man kann sich nicht mehr so richtig freuen ueber jemanden, den man zufaellig trifft – damals waren die zufaelle noch willkommener anlass zu einer runde bier, spontanem knutschen auf offener strasse & freudengeschrei allerorten. 

aber philipp war schon 1982 abgeklaert, cool wuerde man heute sagen – er trug damals einen original irokesenschnitt, ging prompt als punkie durch in der weltstadt blieskastel, dabei war es wirklich ein echter oneida-schnitt des 18. jahrhunderts, der nur die hintere skalplocke stehen laesst – damals der letzte schrei unter den militanten jugendlichen auf den reservationen, sie nannten sich die neo-warriors, lakotas, cheyennnes, arikaras, crows & arapahoes. da mein halbindianischer freund ansonsten ein eher unauffaelliges europaeisches gesicht sein eigen nennt, nahm es ihm niemand ab, dass er ein echter indianer ist, die leute nervten ihn mit ihren abschaetzigen blicken, deshalb auch seine frage, er wollte nur allein sein & sich einen antuetern.

nun ja, letzteres ist ihm gelungen an jenem abend. 

es war das fuenfte altstadtfest in blieskastel.