jedes strohhälmchen ist ein rettungsanker für die kunst


meine freundin & ich in der fußgängerzone, an einem freitag im juni –

da hat die vorsitzende vom „kulturstammtisch blieskastel e. v.“ ja mal den richtigen riecher gehabt & ein büchlein herausgebracht, das viele der stammtisch-künstler blieskastels illustriert & mit je einem kommentar zum letzten corona-winter versehen haben. eine interessante geste, weit über ein protrait des jeweiligen künstlers hinaus, ist es für mich doch ein kleiner beitrag von den stadtbewohnern, die coronakrise künstlerisch zu meistern.
jede krise beinhaltet auch eine chance.

ist es ein anreiz für andere bewohner – oder allgemein: interessierte – sich künstlerischg zu betätigen & dies auch kundzutun? zu wünschen wär´s. es muß ja nix verrüctes sein, es braucht auch nicht viel zu sein – ein satz, ein reim, ein paar striche oder farbtupfer, natürlich am richtigen ort & zur üblichen zeit, schon wäre blieskastel ein wahrer hort von künstlerischem leben.

ich war gründungsmitglied dieser truppe, als er noch kein eingetragener verein war – deshalb, aber nicht nur, mein interesse an den aktionen des stammtisches e. v. das bürokratische kürzel „e. v.“ stört mich, der kompromiss, der damals gemacht wurde, um als gruppe von künstlern wahrgenommen zu werden, stört mich ebenfalls, sogar heute noch. aber der ideenpool, der da sein süppchen zusammenrührt – versteht die metapher ja nicht falsch! – ist immens. überdies hochinteressant, auch nach den inzwischen acht Jahren seines bestehens.

IM SCHLOSS GEHT´S AB – JEANNETTE CURTA´S AUFTRITT


seien wir ehrlich: die konzerte im schloss von blieskastel werden immer besser – eigentlich muesste ich eine eloge auf die beigeordnete fuer kultur der stadt blieskastel ausbringen. aber ich trau mich nicht, versuche es dennoch, indem ich es durch die blume sagen moechte. woher krieg ich jetzt bloss die blumen her? um diese zeit is nix mehr geoeffnet – anyway, nix wie hin, in letzter zeit muss man sehr frueh dort aufkreuzen, sonst bekommt man keinen guten platz.
ein alter bekannter, guido allgeier, gitarrist extraordinaire, betritt die buehne, zusammen mit einem schlagzeuger – mit einem verhaltenen stueck beginnt der konzertabend.
ich kann´s nicht anders ausdruecken, die musik zieht mich sofort in ihren bann. UNPLUGGED! faellt mir sofort ein, der schlagzeuger spielt seine instrumente mit den blossen haenden, jedenfalls im eingangsstueck, leise & verhalten. einfach wunderbar.
& dann betritt die rot-schwarz gekleidete jeannette die buehne – & laesst wiederum aufhorchen. sie hat in der tat eine dunkle, soulige stimme, singt in franzoesisch, englisch, deutsch & spanisch, sogar auf rumaenisch ihre lieder. eine single namens „Non, Non, Non“ wird bald herausgebracht, das Lied singt sie auch heute abend. es reisst mich aber seltsamerweise nicht so arg vom stuhl, dafuer die anderen zuhoerer umso mehr – der beifall wird immer lauter & wird immer laenger anhaltend. auch die beiden hervorragenden musiker kriegen ihren „szenen“-applaus, der gitarrist spielt mittels eines besonderen effektgeraetes rhythmus- & sologitarre gleichzeitig, & ganz besonders bei einem bossa-nova-stueck raeumt er gruendlich ab, dass es mich nicht laenger aufm stuehlchen haelt. die pause entwickelt sich zu einer spontanen fotosession mit der band, sie lassen sich gerne  fotografieren, die drei. man wird noch mehr von ihr hoeren, da bin ich mir ganz sicher, nicht nur in deutschland.
leider habe ich mir die vielen titel nicht aufgeschrieben an diesem abend, sie spielen  ueber zwei stunden hinweg & wird kein bisschen langweilig. aber wenn der ganze schloesschenkeller mitsingt & selbst die desinteressierten kellnerinnen im schankraum die augenbrauen heben & die ohren aufstellen, kann das konzert nicht so schlecht gewesen sein …….. oder!?
schade, die frau rinderle, besagte dame der stadtverwaltung, die fuer diese chanson-abende sorgt & weiterhin sorgen wird, war leider abwesend. meine anvertraute haette ihr viel zu erzaehlen gehabt. ich habe sie selten so begeistert aus dem haeuschen gesehen wie an diesem abend.
cds gab´s leider keine zu kaufen, sie waren ausverkauft an anderer stelle. schade.

ESSAY ZU EINEM FLUECHTIGEN THEMA


Eitel isses doch, wenn man beachtung sucht & keine bekommt. Oder etwa nicht? Dann bin ich gerne eitel, um es mal so rum auszudruecken. Doch wie ist es mit ihr weiterhin bestellt? Alle eitelkeiten gehen vorueber, ob man das nun will oder nicht. Es kratzt mich fuerchterlich in letzter zeit, wenn ich bei vielen gelegenheiten den so genannten hartz4-ausweis – sprich: das von der arge an mich gerichtete bewilligungsschreiben – vorzeigen soll. Es steigt dann eine unbeschreibbare wut in mir auf, so, als waere ich ein aussaetziger, der freien zutritt in die stadt haben will. Der zweck der ganzen aktion mag gutgemeint & gutgewollt sein, aber es trifft mich jedesmal ein faustschlag mitten ins gesicht. Ich schwoere mir hinterher jedes mal, lieber auf der strasse zu verhungern als diese demuetigungen noch laenger mitzumachen.

Wie waere es denn, als erster verhungerter im saarland in die schlagzeilen zu gelangen? Waere es ueberhaupt den medien eine schlagzeile wert? Drogentote sind allemal interessanter, denn drogen nimmt ein braver buerger nun mal nicht, ausser bier & zigaretten, & verhungern, das tut in deutschland doch niemand! Der staat sorgt doch fuer seine notleidenden buerger.

Ich danke recht schoen. Die tafel wird meine rettung sein. Stolz kann man bekanntlich nicht essen. Gewoehn dich daran, zum gesocks zu gehoeren, zu den „pootcher“, wie es im saarbruecker raum so treffend nichtssagend umschrieben wird. Je nichtssagender ein begriff, desto unbedeutender die personen oder die sachen, die dahinter stecken. Oder sollte ich unrecht haben!?

Mitleidig wird man angeguckt, man zeigt eine gewisse betroffenheit dem betroffenen hartzer gegenueber, ist es nun nur vorgeschoben oder echt, das wird niemand je erfahren, der in dieser situation gelandet ist. Eigentlich muesste es bruchlandung heissen. Gebrochen soll ich sein, den kopf demutsvoll senken, schlurfend & zittrig einher gehen mit ein paar cents in der tasche. Eine wunderbare welt.

BURDETTE BECKS LIVE IM SCHLOESSCHENKELLER


8. september 2011 – jazz im schloesschenkeller blieskastel —–

endlich, die tolle akustik des schlosskellers ist mir immer wieder in angenehmer erinnerung, & was bei einem klassischen konzert wichtig ist, ist es auch bei diesem. was haben die blieskasteler fuer ein glueck, diesen keller zu haben, fuer konzerte & anderweitiges. vergessen wir die bliesgaufesthalle, vergessen wir die orangerie, hier spielt die musik. & die heisst JAZZ! aber wo sind sie abgeblieben, die blieskasteler musikhoerer, ausser einer jungen frau aus ballweiler scheinen wir beide die einzigen einheimischen zu sein. das alte lied, aber sei´s drum! es war ein grossartiges konzert.

 

man siehts den maennern kaum an, aber sie spielten einen heissen funkjazz, der sich gewaschen hatte – & die balladen waren auch nicht zu verachten, „georgia on my mind“ war darunter, in einer wunderbaren version. aber das kennen die blieskasteler bestimmt nicht.
nicht nur ich bin von den spaerlichen besucherzahl enttaeuscht, auch die musiker waren es, wie man unschwer erkennen konnte. aber den anwesenden gefiel die musik, & das ist wahrscheinlich die hauptsache.


EIN AUGUSTNACHMITTAG


meine akustische gitarre hat fieber, mein bass laeuft schon seit langem rot an, & meine 12saitige ist daemlich & wie immer verstimmt…… ganz so schlimm isses nich, wenngleich die skrupel mir wieder langsam das rueckgrat hinaufkriechen wie schlangen. aber ich kann es nicht laenger verheimlichen: ich freue mich auf den immer spannender werden zweiten anlauf als yggdrasil, als bandmitglied, von mir aus auch als bassist –  ich wuerde am liebsten lachen, ich wuerde am liebsten weinen, ich koennte tausend takte lang lieder singen, damit die zeit stillesteht, wie kurz sind nur die gluecksmomente, die man sich erhofft, wahrhaftig erhofft & herbei wuenscht.
an illusionen & enttaeuschungen bin ich nicht arm, aber ich habe ja einen kleinen trost in der hinterhand, meine solo-sachen – glaube niemand, das waere einfacher, seine eigenen sachen zu praesentieren, das desinteresse ist riesig & nicht so einfach zu knacken. darin bin ich augenscheinlich noch frustierter & desillusionierter.
ist die luft auch wirklich nicht raus bei mir & den anderen? siehe den vorigen bericht vom 2. juli, der hat es in sich. da kracht das eis auf den fluessen & reibt sich.
morgen werde ich jedenfalls ein paar stuecke aufnehmen, auch wenn sie nicht perfekt klingen sollten. ich werde sie, wenn sie nicht allzu gruselig geraten, hier veroeffentlichen, versprochen – dann koennte es ja mal moeglich sein, dass es ein paar hoerer gibt, die mir ihre meinung kundtun wollen ueber den sound & die faehigkeiten unserer mittelalten maennerband, called NEW YGGDRASIL, vielleicht auch einfach nur Yggdrasil.
eine erste songlist steht seit anfang juli, es sind ein paar jazzstandards darunter, ein paar klassische rock´n´roll-stuecke, & natuerlich die beatlessongs, mit denen wir damals, 1970-1972, leider nicht oeffentlich auftraten, die uns aber immer im proberaum beschaeftigten. lang lang ists her, ja, aber nichts ist vergebens, nichts vergessen. ein bisschen sentimentalitaet steckt natuerlich auch noch in unseren koepfen, versteht sich von selbst, aber die realitaet wird sie schon kleinkriegen, da bin ich mir sehr sicher.

Nun isses doch passiert
, ich habe meinen alten groll (beinahe) endlich begraben & mache nun wieder musik mit meinem alten kumpel L –
& H ist auch wieder dabei, eigentlich eine kleine sensation, nach knapp vierzig jahren musizieren wir wieder miteinander. Trotzdem, ich muss aufpassen, dass ich nicht wieder in die alte rolle des fünften rads am wagen verfalle, dabei sind wir derzeit nur zu dritt …….
wir sind reifer geworden, was wunder, wir sind alle um die siebenundfuenfzig jahre alt in diesem jahr, da kommt schon ein bisschen was zusammen an musikalischer & sonstiger erfahrung. Was angenehm auffaellt ist: der hang zur lautstaerke ist abhanden gekommen, ob dies mit der wachsenden sensibilitaet von uns erwachsenen zusammenhaengt? Meinem angeknacksten gehoer tut es jedenfalls sehr gut, wenn leise & nur auf akustischen instrumenten gespielt wird. Hans´ Bandoneon ist das lauteste instrument in der runde – & die vorbeifahrenden autos & die saege, die ihren elektrischen teil dazu beitraegt (ich meine nicht die nachbarin). Natuerlich nehme ich jeden ton an diesem nachmittag auf mit meinem ´zoom´-geraetchen, made in china, auch die langen gespraeche zwischen den einzelnen liedern, interessant sind sie nicht, zwar bin ichs zufrieden, aber der geist der alten zeiten blitzt manches mal durch, & ich moechte diese erinnerungen nicht wieder aufleben lassen, koste es, was es wolle. Den drummer charlie haben wir ein zweites mal zuhause gelassen, aber er wird wieder mehrmals erwaehnt, von mir mit meinen schlimmen erinnerungen, & von L, der ein guter freund von charlie ist & ihn gerne wieder in der band haette.

Hans ist & bleibt ein phaenomen. Er hat womoeglich am meisten von uns dreien in den letzten jahren dazugelernt, nahm akkordeon-unterricht & uebt nebenbei noch klarinette, lernte eine handvoll echter jazzsongs von einem berufsmusiker, & das praegte ihn womoeglich am meisten. Darunter sind SUMMERTIME, AUTUMN LEAVES & SUNNY – endlich, endlich kann ich meine beiden notensammlungen von klassischen jazzsongs auspacken & hier & da verwenden. Endlich werde ich SUMMERTIME ausgiebig spielen koennen! Die arrangements sind schwierig, wir haben allesamt verschiedene versionen oder vorstellungen von einem dieser stuecke im kopf, anfangs  klingt´s chaotisch & verzwirbelt, doch es legt sich mit der zeit. & was nicht klappt & noch nicht zusammen kommt, das wird es bestimmt beim naechsten mal, da bin ich mir sicher.
die zeit ist nicht stehen geblieben – in diesem fall ist es ein gluecksfall geworden, doch wie lange er bestehen bleibt, ist voellig offen. wenn ich an meine musikalischen vorlieben denke, bob dylan, the band, the band, bob dylan, dann wird mir ganz wehmuetig ums herz – oder die wundervollen alten rock´n´roll-sachen von elvis presley, die er 1954 sang, Blue moon (eine schnulze), Mystery Train, That´s Alright Mama usw. – mein herz schlaegt fuer diese songs, sie sind einfach unschlagbar, nicht, weil sie so alt sind, die jazzsongs sind noch viel aelter, nein, sie sind in sich perfekt & funktionieren immer noch. klassiker eben. & es geht ab wie in einer jagenden wolfsherde, kann ich nur sagen.
bob dylans musik ist & bleibt mein hauptmusikalisches thema. Von keinem meiner alten freunde, aus der band oder sonstwoher, mag ihn leiden, seine stimme stoert sie am meisten. Nun, meine stimme aehnelt der bob dylans ein wenig, also wollte ich ihn auch singen, weil sein stil gut zu meinem passt. Vielleicht habe ich ihn auch nur verinnerlicht. Mit den meisten anderen songs, die wir frueher drauf hatten, konnte ich gesanglich nicht viel anfangen, aber Hans konnte sie alle singen. & wie!
okay, die aufnahmen waren meistenteils brauchbar, ich musste nur wenig reparieren, ich habe sie bis jetzt zweimal auf CD gebrannt, eine davon schenkte ich L, der sich richtig drueber freute. Fuer Hans werde ich sie auch noch aufnehmen, es sollen bloss erinnerungen sein an unser wiederfinden in den spaeten jahren…….
genug sentimentalisiert! Die naechste probe steht ins haus, mehr wird nicht verraten.

ich habe, das gebe ich gerne zu, einen bob dylan-fimmel & neuerdings erwaerme ich mich sehr fuer die alten the band-songs, vor allem die, die von rick danko stammen & selbstredend auch selber von ihm gesungen werden. seine spaetere solokarriere spielt dabei natuerlich auch eine nicht geringe rolle – er klingt alleine auf der buehne genauso wundervoll wie mit der gesamten band-bande. schaut euch um auf der website der band: http://www.theband.hiof.no, dann versteht ihr, was ich meine.
was haben die beiden anderen fuer fimmel? nun ja, hans steht auf gute melodien & sounds, er ist wahrscheinlich nicht fixiert auf eine bestimmte gruppe oder person, ausser vielleicht bei eric clapton, genauso louie, der seit den alten yggdrasiltagen clapton verehrt & ihn zu imitieren versucht. nun ja, wir spielen eben noch manchmal gerne im sandkasten, auch ich versuchte frueher ganz immens, den dylan in mir herauszukehren, aber bei unserer bigotten dorfjugendgesellschaft kam ich nicht gut an (siehe das vorurteil: dylan kann nicht singen!). bob dylan kann sehr wohl singen, das hat er immer bewiesen, neuerdings ist seine stimme aber leider beschaedigt, sie ist wohl am ehesten gealtert. ich bin ein fan von ihm, das macht mir wenig aus, wenn er weiterhin so gute platten veroeffentlicht wie die letzten von 1997 bis heute. & die qualitaet seiner songs spricht eine verdammt gute sprache, finde ich. wir werden etliche songs von ihm bringen, dafuer werde ich schon sorgen.

BLIESKASTELER SOMMERAKADEMIE 2011 – Fortsetzung


freitag, 15. Juli 2011, abschlussveranstaltung/en in Blieskastel
fuer sich selber & die blieskasteler kulturhungrigen unterwegs:
wolfinthecity & ms. princess lupa.
schauplatz des events: bliesgaufesthalle, Von-der-Leyen-Straße

ploetzlich wirst du wieder jung, denke ich mir beim betreten der festhalle, da stehen sie, die geschminkte jugend, die personifizierte inspiration in gestalt zweier huebscher maedchenfrauen, die wollen die maenner abbuersten, keiner kommt davon, ich muss auf der fussmatte huepfen, damit die rillen sauber werden (die meiner schuhe!).
princess lupa braucht dies nicht ueber sich ergehen zu lassen, sie haelt sich abseits, halb amuesiert, halb misstrauisch, weil ihr verhinderter leitwolf sie mal wieder ausser acht laesst.
´liebe prinzessin, werd´ nicht traurig, es ist doch nur ein spiel mit diesen wunderbaren menschenkindern.´ denke ich schnell. & dann ist sie bereits in der halle verschwunden, kommt wieder zurueck, geht wieder mit mir in die halle, die ist natuerlich schon beinahe voll besetzt, wir bekommen nur noch einen einzelnen sitzplatz.
zu meiner ueberraschung haelt brigitte rinderle, die kulturbeauftragte der stadt blieskastel, so etwas wie eine kleine laudatio auf die initiatorin helge behr sowie auf das zwanzigjaehrige jubilaeum der sommerakademie. ich freue mich jedesmal, sie zu sehen, ist sie doch seit vielen jahren gut bekannt mit meiner lupaprinzessin.
es ist ein geliehener stolz, das weiss ich, aber ich kann ihn jederzeit zurueckgeben, denke ich. den auftakt macht die freie improvisations-theatergruppe, kunterbunt & unglaublich froehlich, die zwei huebschen vom halleneingang sind auch dabei. sie fallen mir immer wieder auf, sie legen eine spielfreude an den tag, den nur junge menschen haben koennen, wenn sie sich austoben duerfen – & die da auf der buehne sind wirklich am toben, es macht richtiggehend spass, ihnen zuzuschauen.

Die Schoenheit des Unbekannten

„lasst sie doch gewaehren, sie sind allesamt ausgeflippt“ haette ich vor vierzig jahren behauptet, aber heute abend finde ich sie auf der buehne ganz gut aufgehoben. sie sind theater, die maedels und jungs da oben, und sie sind es ueberaus lebendig und spassig. ich bin an die absurditaeten des alltags gewoehnt, sie treiben ihre dargestellten emotionen und empfindungen pantomimisch und akustisch (!) auf die spitze, skizzenhaft, schnell und eindringlich. zuhoeren und zusehen gehoert aber unabdingbar dazu, sonst wird´s nix mit dem persoenlichen erlebnis.
meine alte wolfsherde aus den siebziger jahren wuerde gewiss bei deren anblick vor entsetzen reissaus nehmen, aber mich halten diese bewegten klamotten, diese bleich geschminkten gesichter und die toene der schraegen begleitmusik am buehnenrand – und nirgendwo sonst. es tut nicht nur gut, schoene menschen sehen zu koennen, sondern auch fremde gesichter und gesten, ihre kleidung und ihr sprechen zu hoeren – an fremden gesichtern herrscht heute abend in der tat kein mangel, wie gewoehnlich sind blieskasteler besucher hier recht selten. schwamm drueber, denke ich, die werden schon noch kommen.
sie sind richtiggehend ansteckend mit ihrer guten laune, die sie im saal verbreiten. oder wollen sie nur eindruck schinden? wenn ja, dann ist es ihnen bei mir jedenfalls gelungen.

die theaterleute auf der buehne der bliesgaufesthalle

die tanzgruppe faengt spartanisch an, mein erster gedanke: was soll das? weicht dem tohuwabohu da oben auf der buehne, es sieht durchdacht aus und gleichzeitig spontan, vielleicht ist es von beidem etwas, aber das spontane scheint zu ueberwiegen. nach ein paar augenblicken wirds lebendiger als beim theater, die bewegung, alle sind sie in ihren ihnen eigenen bewegungsbildern vertieft, aendern abrupt die szenerie, es wird surreal – 

am schluss ist der choreograph abgehoben, mit hilfe seiner eleven

ich weiss nicht, wer Denise ist, vielleicht die muse der taenzerinnen oder ist es die produzentin oder eine hollywood-regisseurin, wir erfahren ihr taenzerisches geheimnis an diesem abend nicht.
dann ist die luft ploetzlich so schlecht im saal, dass selbst fuer einen zaehen stadtwolf wie mich nur die flucht nach draussen uebrigbleibt. und da sitzen und stehen sie dann, die jungs und maedels, die vor kurzem noch die buehne bevoelkerten, teils abgeschminkt, teils noch ihre kunterbunten fantasiekleider tragend, einschliesslich der weissen schminke. auch prinzessin lupa taucht wieder auf, sie hat sich redlich amuesiert und gefreut ueber das  ganze, nun ist sie auch an die vermeintlich frische luft gelaufen – wir tauschen unsere erfahrungen an diesem abend lediglich durch blicke aus, durch kurze gesten, wir verstehen gut damit umzugehen, das haben wir von den menschen gelernt. meine prinzessin ist erschoepft von den vielen eindruecken der letzten paar stunden, aber gluecklich. sie kann nie genug von der gesellschaft mit menschen bekommen, sie findet sie ueberaus interessant und anziehend. ja, ich muss ihr heute abend, wenn auch widerstrebend, beipflichten, das geschaute war es wohl wert. und ausserdem bin ich in woelfischer fotografierlaune, immer noch, ich knipse alles, was mir vor die linse geraet. aber nur, was mir im augenblick gefaellt.

die schoensten fotos dieses abends sind nicht gemacht worden, sondern mussten im gedaechtnis steckenbleiben …………. aber das ist ein anderes blieskasteler kapitel, vielleicht werde ich es an dieser stelle spaeter einmal aufgreifen.